436 Der Staatsrath; die MMLrverfassung.
Heiken der Provinz durch einen Generalsuperintendenten, in kleineren
geistlichen Bezirken durch Superintendenten geführt. Die katholischen
Kirchenangelegenheiten leiten die Bischöfe und nach deren Anweisung in
den einzelnen Bezirken die Erzpri ester, Pröpste u. s. w.
Zur sorgfältigen Ausarbeitung der Gesetze und zur höchsten Berathung
der Grundsätze, nach denen die Verwaltung stattfinden sollte, war schon früher
der Staatsrath eingesetzt; durch eine Verordnung vom Jahre 1817 wurde
derselbe neu unb fest organisirt. Der Staatsrath sollte unter dem Vorsitze
des Staatskanzlers (später eines vom Könige besonders ernannten Präsiden¬
ten) bestehen: aus den Prinzen des königlichen Hauses, welche das achtzehnte
Jahr zurückgelegt haben, aus einer Anzahl von Staatsdienern, welche durch
ihr Amt selbst Mitglieder desselben sind (nämlich den Feldmarschällen, den
Ministern, dem Generalpostmeister, den Chefs des Obertribunals und der
Oberrechnungskammer, deu Geheimen Cabinetsräthen, Oberpräsidenten und
commandirenden Generalen) und außerdem aus Staatsdienern, welche das
besondere Vertrauen des Königs dazu beruft. Zum Geschäftskreise des Staats¬
rathes sollten gehören: alle Vorschläge zu neuen, oder zur Abänderung und
Erklärung bestehender Gesetze, alle Pläne und leitende Grundsätze zu Ver¬
waltungsmaßregeln, — ferner alle Streitigkeiten über den Geschäftskreis der
Ministerien, — sowie alle Sachen, welche der König in einzelnen Fällen an
den Staatsrath verweisen will (z. B. Beschwerden der Unterthanen über die
Minister it. s. w.).
Was die Militärverfassung des Landes betrifft, so hatte der
König dieselbe schon am 3. September 1814 im Wesentlichen für die Dauer
so festgestellt, wie sie von Scharnhorst ausgearbeitet und im Drange der Zei¬
ten vorläufig eingeführt worden war. Das Landwehrreglement vom 21. No¬
vember 1815 vervollständigte die Vorschriften über unsere Heereseinrichtung.
Die Grundlage derselben ist bte allgemeine Dienstpflicht, der zufolge
jeder Preuße, sobalb er bas zwanzigste Jahr zurückgelegt hat, zum Dienste
für die Lanbesvertheibigung verpflichtet ist. Die bewaffnete Macht zerfällt
aber in bas stehenbe Heer, die Lanbwehr (ersten unb zweiten Auf¬
gebots) unb ben Laub sturm; jeber Dienstpflichtige wirb auf brei Jahre
zum Dienste im stehenben Heere herangezogen, gebilbete junge Leute, wenn
sie sich selbst bewaffnen unb kleiben, nur auf ein Jahr (bie einjährigen Frei¬
willigen). Jeber tritt, nachbetn er bte bestimmte Zeit im stehenben Heere gebient
hat, zunächst auf zwei Jahre (neuerbings auf 4 Jahre) zur Kriegsreserve, bann
zur Landwehr über, welche im ersten und zweiten Aufgebote die Männer
bis zum 39. Lebensjahre umfaßt (in Zukunft nur bis zum 32. Jahre). Das
stehende Heer ist zugleich die Bildungsschule für die Landwehr; jenes allein
steht immer gerüstet und schlagfertig da, auch die Landwehr aber ist mit
den Waffenübungen so vertrant und ihre Einberufung so geordnet, daß
Preußen schon auf Grund der damaligen Einrichtungen zum Angriffe oder
zur Vertheidigung in kurzer Zeit eine Armee von mehr als 400,000 Mann
wohlgerüsteter Truppen aufstellen konnte (nach der neuerdings eingetretenen
Reorganisation und der jüngsten Erweiterung des preußischen Gebietes
6 — 800,000). Alles, was zur Ausrüstung dieser Truppen an Kleidungs¬
stücken, an Waffen und Kriegsgeräth nothwendig ist, muß jederzeit vorräthig