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Die Halbinsel hat erst in jüngerer Zeit ihre jetzige Form bekommen. Die
Oberitalienische Tiefebene ist ein erst neuerdings ausgefüllter Busen des Adria¬
tischen Meeres und noch jetzt im Vorrücken begriffen, immer weiter in das Meer
hinein. Die Apenninen sind ein in der Tertiärzeit gefaltetes, dann aber namentlich
auf der Innenseite sehr zerknittertes Gebirge, von dem große Stücke in die Tiefe
gesunken sind. Mit der späten Entstehung des Landes und der Fortdauer der Ein¬
brüche hängt eine sehr starke vulkanische Tätigkeit, die Häufigkeit der Erdbeben,
der Reichtum an warmen und Mineralquellen, anderseits aber auch die Armut
an Erzen und Kohlen zusammen, die nur in älteren Gebirgsschichten auftreten.
Das Tafelland von Apulien und der Monte Gargano sind wohl die Reste eines
Kalktafellandes, das früher an Stelle des jetzigen Adriatischen Einbruches bestand
und erst am Ende der Tertiärzeit mit dem Apenningebirge verbunden wurde.
Auch Korsika und Sardinien sind der stehengebliebene Rest eines Gebirges, das
größtenteils in das Tyrrhenische Meer gesunken ist.
Im nördlichen Italien finden sich nur Vulkane der Tertiärzeit, aber von Mittel¬
italien ab südwärts nimmt die vulkanische Tätigkeit aus der Neuzeit immer mehr
zu. Sie findet sich vorzüglich am Vesuv und in den Phlegräischen Feldern, auf den
Liparischen Inseln und am Ätna.
Für größere Flüsse ist nur in Oberitalien Raum und auf der eigentlichen Halb¬
insel nur an der Tyrrhenischen Seite, da die Wasserscheide an der Ostseite des
Gebirges liegt.
^ - Die mittlere Temperatur des Januar beträgt in Oberitalien 2°, in Mittel¬
italien 6° bis 8° und steigt in Sizilien bis auf 12°. Die Julitemperatur erhebt sich
schon in Oberitalien auf 25°, steigt aber im S. nur unwesentlich, so daß fast ganz
Italien eine Mittelwärme von 25° bis 27° hat. Es zeichnet sich also vor allem durch
milde Winter aus. Der Regen fällt in Oberitalien zu allen Jahreszeiten, vorzüglich
im Herbst. In Mittelitalien ist der Sommer regenarm, in Unteritalien und Sizilien
regenlos. Die größte Regenmenge fällt, je weiter man nach S. kommt, immer mehr
auf den Winter, und zwar meist als heftiger Regenguß, nicht als Landregen. Daher
kommt der Vorzug Italiens, daß es viel mehr blauen Himmel und hellen Sonnen
schein hat als wir in Mittel- und Westeuropa. In Norditalien fällt noch Schnee,
der sogar zeitweise tagelang liegen bleibt, aber in Süditalien ist der Schnee im lief-
lande eine Seltenheit.
Nicht ganz Italien hat immergrüne Pflanzen, sondern im Potieflande herrscht
eine im Winter absterbende oder ruhende Vegetation, die sich nur durch ihre große
Üppigkeit von der mitteleuropäischen unterscheidet. Dagegen hat der Südrand der
Alpen wegen seiner geschützten Lage und des mildernden Einflusses der Seen die
Gewächse des S., unter denen der Ölbaum besonders eigentümlich ist. Die Höhen
sind wegen der Entwaldung auf weite Gebiete hin kahl und vom Regen abgespült;
sie heben sich deshalb mit ausnehmend scharfen Linien vom Himmel ab. An anderen
Stellen kommen in den Gebirgen Wälder von Kastanien und sommergrünen Laub¬
bäumen, Kiefern und Tannen, vor, während ein großer Teil des Landes noch von
immergrünem Gebüsch (Macchia) und grünen Matten eingenommen wird.
Infolge der mittleren Lage ist das Land von den verschiedensten Völker¬
schaften besiedelt und heimgesucht worden. Ursprünglich wohnten am Tyrrhe¬
nischen Meere die Ligurer, östlich davon die Rhäter und bis nach Mittelitalien die
Etrusker (Toskana = Land der Tusker) oder Tyrrhener. Unter dem Namen der