Full text: (Für das dritte Schuljahr) (Band 2, [Schülerband])

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Herbst. 
„Du hast deine Sache schön gemacht, mein Kind," sagte der hohe, 
freundliche Herr. „Nun will ich dir aber auch einige Fragen vorlegen. 
Wohin gehört das?" fragte er und zeigte dem Kind einen Apfel. 
„In das Pflanzenreich," antwortete schüchtern das Mädchen. „Wohin 
nun das?" fragte der Herr weiter und zeigte auf ein Goldstück. „Ins 
Mineralreich," war die Antwort. „Wohin aber gehöre ich denn, mein 
Kind?" war die dritte Frage. Freundlich blickte das Kind seinen König 
an und sagte: „Ins Himmelreich!" Da glänzte eine Thräne in 
des Königs Auge, und er hob das Kind empor und küßte es. 
Münsterberger Lesebuch. 
141. Die Kartoffeln. 
Jedes Kind kennt die Kartoffeln, welche wir fast alle Tage ge¬ 
nießen ; aber nicht alle kennen das Kraut, an welchem die nahrhaften 
Knollen wachsen, und wenige wissen es, daß vor etwa 200 Jahren 
in Europa niemand die Kartoffeln kannte. 
Um diese Zeit reiste ein Mann, Franz Drake, nach Amerika. 
Dort fand er die Kartoffeln, die von vielen Leuten gegessen wurden. 
Sie schmeckten ihm sehr gut, und er dachte, er wolle seinem Freunde 
in England von diesen Kartoffelknollen schicken und ihn bitten, er 
möge sie in seinem Garten anbauen; er hoffe, sie könnten für Eng¬ 
land ein wichtiges Nahrungsmittel werden. 
Der Freund pflanzte die Knollen; sie wuchsen und trieben einen 
Stengel mit dunkelgrünen, krausen und gefiederten Blättern, und auf 
dem Stengel blühten weiße, schöne Blüten; aus diesen entstanden 
kugelrunde, wässerige Früchte. Der Mann in England meinte, das 
seien die Früchte, welche man essen müsse. Er ließ sie sammeln; 
dann lud er eine Anzahl Herren zu Gaste, ließ die Früchte kochen 
und setzte sie ihnen vor. Die Gäste kosteten sie; allein sie schmeckten 
so abscheulich, daß sie die Frucht nicht essen konnten; es war nur 
schade um den Zimmet und Zucker, die darüber gestreut waren. 
Nun ließ der Mann die Kartoffelstauden ausreißen; denn er 
dachte, dieses Gewächs möge in Amerika gut sein, in unserm Lande 
werde es aber nicht reif. Der Gärtner grub den Garten um und 
verbrannte die Kartoffelstauden, an denen etliche Knollen hängen ge¬ 
blieben waren, die nun am Feuer gebraten wurden. Der Herr kam 
dazu und zertrat eine solche gebratene Knolle; weil sie lieblich duftete, 
so kostete er sie und fand sie sehr gut. Er ließ hierauf die übrigen 
Knollen sammeln; dann lud er seine Gäste abermals zu sich ein und 
setzte ihnen ein Gericht Kartoffeln vor, das ihnen nun vortrefflich 
schmeckte. Die Kartoffeln wurden jetzt sehr gerühmt, und jeder be¬ 
gehrte etliche, um sie in seinen Garten zu pflanzen. Später kamen
	        
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