Full text: Bürgerkunde des Hansa-Bundes

184 
werbszweige obliegen, sind zu den verschiedenen Zeiten nach 
dem Kulturzustande der Menschen und der Staaten verschieden ge¬ 
wesen. Diese Anschauungen bilden die unsichtbaren wirt¬ 
schaftlichen Grundprinzipien und wirtschaftspoliti¬ 
schen Richtlinien, welche im einzelnen in den betreffenden staat¬ 
lichen Anordnungen praktisch wieder zutage treten. Sie sind „der 
Geist der Gesetze“. 
Unter diesen Gesichtspunkten kann man folgende verschiedene 
Systeme staatlicher Wirtschaftsfürsorge unterscheiden: Das Mer¬ 
kantilsystem, welches sich im 17. Jahrhundert entwickelte, bis in 
die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts maßgebend blieb und praktisch 
in Frankreich durch Colbert, in England durch Cromwell, in Preußen 
durch Friedrich Wilhelm I. und Friedrich den Großen vertreten wurde, 
forderte eine umfassende staatliche Regelung der VolksWirt¬ 
schaft. Es geht davon aus, daß der Wohlstand eines Volkes seinem 
Vorrat an edlen Metallen entspricht. Um diesen zu erzielen, wurden 
Industrie und Bergbau durch Prämien und Privilegien gefördert, 
die Bevölkerungszunahme durch Ansiedlungen und durch Auswan¬ 
derungsverbote gehoben, die Einfuhr von Industriefabrikaten er¬ 
schwert, die Ausfuhr von solchen und die Einfuhr von Rohprodukten 
erleichtert. Bei alle dem kam es darauf an, möglichst auf die Ver¬ 
mehrung des Bestandes an Edelmetallen hinzuwirken. 
Auf dieses Wirtscliaftsprinzip folgte das sogenannte physiokra- 
tische System, welches in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts 
durch Turgot und Quesnay ausgebildet wurde. Es beruht auf der An¬ 
schauung, daß im Grund und Boden, d. h. in der Landwirtschaft, 
die alleinige Güterquelle gelegen sei. Diese habe der Staat zu 
fördern, im übrigen aber die der Volkswirtschaft entgegentretenden 
Hemmnisse zu beseitigen und sonst in die wirtschaftliche Frei¬ 
heit des „laissez faire, laissez aller“ nicht einzugreifen. 
Bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts galt die von Adam 
Shmith (1723—1790; Untersuchungen über die Natur und die Ursachen 
des Nationalwohlstandes 1776) vertretene Freihandels- oder 
Manchesterrichtung. Sie beruht auf der Auffassung, daß vor 
allem die Arbeit wohlstandsfördernd sei, welche unter voller Wirt¬ 
schaftsfreiheit am besten gedeihe. Dies führt nach außen zum 
Freihandel, nach innen zur Beseitigung besonders der polizeilichen 
Schranken und Bindungen in den wirtschaftlichen Betrieben. Diese 
Richtung bildete auf wirtschaftlichem Gebiete eine Ergänzung zu den 
im 18. Jahrhundert sich durchsetzenden Anschauungen von der natür¬ 
lichen Gleichheit und Freiheit aller Menschen auf Grundlage des 
Individualismus.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.