Vierter Abschnitt.
Die Gründung des deutschen Reicher und dar Auskommen
der Arbeiterstander.
(Zeitalter Wilhelms I. 1840—1900.)
Die wirtschaftliche Freiheit des Staatsbürgers erforderte zu ihrer
Sicherung und Vollendung die politische Freiheit, die wirtschaftliche
Einigung der deutschen Staaten ihre politische Einheit. Seit jene
Tatsachen sich vollzogen hatten, strebte der Volksgeist in Deutschland
nach Befriedigung beider Tatsachen, nach Freiheit uild Einheit.
Dieses naturgemäße Streben, von den um ihre Macht besorgten
Regierungen lange zurückgehalten, brach sich in der Revolution des
Jahres 1848 gewaltsam Bahn. Aber die Errichtung eines Deutschen
Reiches mißglückte. Nur die Gründung eines verfassullgsnläßigen
Lebens in Preußen, durch welches das Volk zur Teilnahme an
der Gesetzgebung berufen wurde, ward erreicht. Die Verfassung
vom 31. Januar 1850 schuf ein Organ des Volkswillens, das
Abgeordnetenhaus, das beschränkend zu dem Herrscherwillen des
Monarchen hinzutrat. Preußen wurde dadurch in eine konstitutionelle
Erbmonarchie verwandelt. Der König behielt seine Stellung als
Verkörperung der Staatsgewalt; er ist deshalb unverletzlich, unver¬
antwortlich und frei von jedem Behördenzwange. Er allein ist der
Inhaber aller Sonveränitätsrechte. Er wählt, ernennt und entläßt
die Organe seines Willens in der gesamten Staatsverwaltung, zu
der auch die des Heeres und des Gerichts gehört. Ohne seinen
Willen kann an den bestehenden Rechtsordnungen nichts geändert
werden. Der Vollzug der Staatsgesetze und königlichen Verord¬