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IV. 1840-1900.
An der Spitze der provinzialen Selbstverwaltung steht der Landes¬
hauptmann mit seinen Räten. Er verwaltet die Angelegenheiten
der Provinz nach den Beschlüssen des Provinziallandtags. Dieser
bildet die Vertretung der Provinz. Seine Mitglieder werden
von den Kreisvertretungen gewählt. Er wird mindestens alle
2 Jahre vom König ein Mal berufen. Seine Verhandlungen
leitet der Landtagsmarschall. Er beschließt über die ihm zu¬
gewiesenen Provinzialangelegenheiten (Landarmenwesen, Landes¬
brandwesen, Verwaltung der Hülfskassen, Wegebau, Landesmelio-
rations- und landwirtschaftliches Unterrichtswesen, Hebammenwesen,
Korrigendenwesen, Wohltütigkeitsanstalten und milde Stiftungen,
Unterbringung verwahrloster Kinder, Irren-, Taubstummen- und
Blindenwesen, Kunst und Wissenschaft). Ihre Mittel gewinnt die
Provinz teils durch ihre Verwaltung, teils bezieht sie Renten aus
der Staatskasse (verstärkt durch das Dotationsgesetz vom 8/7. 1875).
Die Arbeiten für den Provinziallandtag werden von dem Pro¬
vinzialausschuß, der aus dem Vorsitzenden (Landeshauptmann) und
7 —13 vom Provinziallandtage gewählten Mitgliedern besteht, vorbe¬
reitet und die Landtagsbeschlüsse durch den Landeshauptmann ausgeführt.
Dem Oberpräsidenten ist ein Provinzialrat zur Seite gestellt,
der bei der Behandlung bestimmter Angelegenheiten der ganzen
Provinz mitzuwirken hat. Er besteht aus einem höheren Ver¬
waltungsbeamten und 5 vom Provinzialausschuß auf 6 Jahre
gewählten Mitgliedern.
Streitigkeiten in der Verwaltung entscheidet in erster Instanz
der Kreisausschuß, in zweiter der Bezirksausschuß, und in letzter
das Oberverwaltungsgcricht in Berlin. Seine Aufgabe ist, die
Einheit der Rechtsprechung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts
zu wahren und für die Verwaltung auf Grund der bestehenden
Gesetze feste Grundsätze aufzustellen.
Von der Kommunalverwaltung ist das Gebiet der Polizei in
neuerer Zeit grundsätzlich geschieden. Ursprünglich eignete der Polizei
die gesamte innere Verwaltung. Zuerst ausgeschieden wurde das
Gebiet der Finanzen, dann seit Beginn des 19. Jahrhunderts die
von Seiten des Staats auf den verschiedensten Gebieten geübte
Förderung der Erwerbstütigkeit (Wohlfahrtspolizei, Wohlstandspflege).