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Wiederherstellung des Deutschen Reichs.
land?" und antwortete daraus: „Das ganze Deutschland soll es sein!"
Seitdem wurde die Sehnsucht des deutschen Volkes nach einer wirklichen
Einigung des Vaterlandes, nach Kaiser itnd Reich, immer lebhafter.
Die Dichter sprachen diese Sehnsucht in ihren Liedern aus („Deutsch¬
land, Deutschland über alles, über alles in der Welt!"), Gesangvereine
verbreiteten diese Lieder. Das deutsche Lied übte auch hier seine
mächtige Wirkung aus. In immer weitere Kreise drang der Gedanke
der deutschen Einheit. Große Volksfeste, von Deutschen aller Gaue be¬
sucht (z. B. das III. deutsche Turnfest 1863 in Leipzig), brachten eine An¬
näherung der Stämme des Nordens und des Südens hervor. Fran¬
zösische Gelüste nach der Rheingrenze verstärkten das Verlangen nach
einem einigen Reiche. Ungeheuern Beifall fand das Lied Beckers, das
den Franzosen zurief: „Sie sollen ihn nicht haben, den freien, deutschen
Rhein, ob sie wie gier'ge Raben sich heiser danach schrein." Auch die
„Wacht am Rhein" ist aus dieser Stimmung gedichtet.
Ter Zollverein. Der Handel und Verkehr wurde auch in Preußen
sehr erschwert durch die zahlreichen Wasser- und Binnenzölle. Als
Reformator der Steuern wirkte Karl Georg von Maaßen. Er gab
den Verkehr innerhalb des Deutschen Reiches ganz frei, behielt aber
die Einfuhrzölle an den Grenzen bei. Den Finanzen stand der treff¬
liche von Motz vor, seiner Verwaltung ist es zu danken, daß der durch
den Krieg erschöpfte Staat nicht allein allen seinen Verpflichtungen
nachkam, sondern auch Überschüsse erreichte. Das Postwesen nahm
unter Nagler einen großen Aufschwung; Dampfschiffe befuhren die
großen Ströme, neue Landstraßen wurden angelegt. Sichtlich stieg die
Wohlhabenheit der Einwohner, die Schulen unter dem Minister Alten¬
stein verbreiteten Bildung in alle Schichten des Volkes. Eisenbahnen
wurden gebaut (1838 von Berlin nach Potsdam) und Dampfmaschinen
für die Industrie verwendet. Die Zollerhebung wurde aber dadurch
erschwert, daß andere deutsche Gebiete innerhalb der preußischen
Grenzen lagen, wodurch lästige Durchgangszölle veranlaßt wurden.
Da bot Preußen den angrenzenden Staaten an, mit ihm einen Zoll¬
verein zu schließen, in dem die Zölle innerhalb der deutschen Grenze
ganz aufhörten und nur an den Außengrenzen erhoben wurden. Die
Einnahmen sollten an die einzelnen Staaten nach der Größe ihrer
Einwohnerzahl verteilt werden. Anfangs sträubten sich die Regierungen,
aber die Not überwand doch ihr Widerstreben. Seit dem Jahre 1834
hatte der Handelsverkehr freie Bahn durch ganz Deutschland. Der
Zollverein schlang ein Band um die Länder Deutschlands, brachte durch
Erleichterung des Verkehrs seine Völker einander näher, und was das
wichtigste ist, er hob das Ansehen Preußens in den Augen der Be¬
wohner der andern Staaten bedeutend, denn sie lernten einsehen, daß