Tie deutsche Stadt im Mittelalter. l&d
verbannt. — Dann hielt er die übliche Umfrage, ob noch jemand etwas zu sagen
hätte, und schloß das Gericht." Vgl. hierzu: „Im Heerding der Alemannen. S. 12!
Überschrift?
Zusammenfassung: Die städtische Gerichtsbarkeit.
c) Gilden und Innungen.
Ihr dürst euch nun das Aussehen der alten Städte nicht so prächtig vor¬
stellen. Zwischen der schönen Stadtburg und den kalkgetünchten Giebelhäusern
und Palästen der Geschlechter lag eine Menge von Bauernhöfen mit hölzerneu
Blockhäusern. Sie waren sämtlich mit Stroh gedeckt und lagen an schmutzigen,
nngepflüsterten Straßen. Hier wohnte das eigentliche Stadtvolk, die kleinen
Krämer, die Handwerker und die Ackerbürger. Die beiden Hauptgruppen der
Bürger — Geschlechter, Handwerker und Bauern — lebten streng voneinander
getrennt.
Jeder Stand hatte seine bestimmte Ordnung, durch welche die einzelnen
Glieder eng verbunden und von den Angehörigen des andern Standes scharf
abgesondert waren. Die Kaufleute waren die ersten, welche sich zu einem Ver¬
bände zusammenschlossen. Das war die Gilde. Die Gründe dazu waren das
enge Zusammenwohnen, die gleichartige Tätigkeit und die gemeinsamen Fahrten.
Die kaufmännische Gilde überwachte den gesamten Marktverkehr und Handel
durch genaue polizeiliche Bestimmungen. Die Handwerker waren teils freie,
teils unfreie Leute. Die unfreien Handwerker fristeten ein ähnlich abhängiges
Dafein wie die unfreien Bauern im offenen Lande. Bei Todesfall hatte der
Herr Anspruch auf die ganze Hinterlassenschaft (Buteil); schon früh jedoch be¬
gnügte er sich damit, nur einen Teil der Habe zu nehmen (Besthaupt: Beim
Tode des Mannes das beste Stück Vieh, beim Tode der Frau das beste Gewand).
Diese Lasten wurden aber sehr bald ohne alle Entschädigung an den Herrn auf¬
gehoben (Zeit der Salier, Heinrich IV.), so daß schließlich alle Handwerker frei
wurden. Da wanderten denn viele unfreie Handwerker von den Landgütern
ihrer Herren in die Städte, und wenn sie hier ein Jahr und einen Tag gelebt
hatten, so waren sie frei; Stadtluft macht frei. Bald schlossen sich die Stadt¬
handwerker zu Zünften oder Innungen zusammen. Jedes Handwerk hatte
seine Innung für sich. Kein Gerber durfte Leder verkaufen, wenn er nicht in
die Innung eintrat. So bestand der Jnnnngszwang. Der Jnnnngsmeister
mußte genau darauf halten, daß die Jnnungsordnung von allen Junnngs-
brüdern beachtet wurde. Alle Rohstoffe wurden gemeinschaftlich eingekauft;
es war genau vorgeschrieben, wie die Ware beschaffen sein mußte unb zu welchem
Preis sie verkauft werben bürste. Von btefem Jnnnngszwange hatten sowohl
bie HanbWerker als auch bie Käufer Nutzen; jene würben im Laufe ber Zeit
Wohlhabenb; benn ber Preis ber Waren war teuer, urtb es blieb babei, auch wenn
bie Rohstoffe billig eingekauft würben; biefe hatten bie Gewähr, baß sie immer
gute, bauerhafte Waren bekamen; benn minberwertige Gegenstänbe bürsten
nicht verkauft werben. Wer ein Hanb werk ergreifen wollte, mußte bei einem
Meister eine langjährige Lehrzeit burchmachen. Nach ber Zeit Rnbolfs von
Habsbnrg kam bie zwei- unb breijährige Lehrzeit auf. Dann mußte ber Lehrling
sein Gesellenstück ablegen unb würbe, wenn er bie Prüfung bestaub, in bie Ge-
sellenbruberschaft aufgenommen. Wenn ber Geselle ein eigenes Geschäft be¬
ginnen wollte, so mußte er burch bas Meisterstück seine Befähigung nachweisen;
erst bemach würbe er von ber Innung als Meister zugelassen. Bei solchen Meister*
2) Julius Wolss, Ter Sülfmeister.