Full text: Land und Stadt (Teil 3)

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und die Furche war regelmäßiger wie Teichgräberarbeit. Meinen 
Vater freute das nicht; er hätte viel lieber schwarze und mürbe Lrd- 
sohlen gehabt. „Schwarze Lrde, weißes Brot!" sagte der Spruch. 
Als ich den Pflug das drittemal über den Acker leitete, lugte ich 
nach der Sonnenhöhe. Ach, diese Uhr stand! Ls waren Molken da¬ 
vor. Und wenn der Herrgott boshaft fein will und es heute nicht 
Mittag werden läßt . . .! 
Ls dauerte lange, bis zur Mahlzeit oben beim Hause die Mutter 
auf dem Söller stand, wie einst die Ahne, zwei Finger in den Mund 
hielt und einen pfiff ausstieß, den der waldschachen so prächtig nach¬ 
machte. Ich ließ die Handhaben los und gestand mir's: so schön habe 
die Mutter noch gar nie gepfiffen. 
Dann ging's zum Mittagsessen. Ich hütete mich wohl, die Lrde 
mir von den fänden zu reiben; denn eben diese Kruste gab mir das 
Ansehen: Ich war nicht mehr der Halterbub, ich war der pflnghaber, 
hatte die gleichen Rechte mit den Knechten; ich saß neben dem vor- 
knecht und bestrebte mich, gewichtige Reden zu führen. Man sprach 
über meine Leistung; da schwieg ich, denn meine Leistung verstand sich 
von selber. 
Ls ist ein kleines Ding aus der Jugendzeit, es ist kaum groß 
genug, daß man's so laut erzählt; aber für den Landmann ift's ein 
wichtiger Tag, wenn er das erstemal seine Hand an den Pflug legt; 
es ist eine heilige Tat. Das Schwert, das Kreuz ist Gegenstand großer 
Lhren; — ich halte auch den Pflug für ein Symbol der Welterlösung. 
Den grauen Lrdstaub, der damals an meiner Hand kleben blieb und 
mit dem ich zum Mittagsessen ging — ich habe ihn bis heute nicht 
weggewischt — er ist mir das, was dem Schmetterling der Goldstaub. 
Und so mag ich's wohl noch sagen, daß ich im selben Jahre den 
ganzen Acker umgebaut habe, daß mein Vater mit sronnner Hand das 
Korn in die Lrde gestreut hat und daß im nächsten Frühjahre das 
Korn in schönster, erfreulichster Grüne gestanden ist. 
„Seit zehn Jahren hab ich kein solches Kornfeld mehr gehabt," 
hatte mein Vater hieraus gesagt. 
Im Hochsommer, als die schweren Halme zur Reise neigten, schlug 
der Hagel die ganze Frucht tief in den Lrdboden hinein. 
So war mein erstes Ackern ausgefallen. Ls war lange nicht 
mein letztes gewesen, aber endlich ist uns die Lust vergangen, in ewiger 
Mühsal dort zu bauen, wo fast jedes Jahr gröber oder leichter die 
Schloßen dreinfuhren. Mein Vater hat darüber niemals geflucht, je¬ 
doch, durch mannigfaltige Mißgeschicke entmutigt, allmählich den Streit 
mit den Llementen ausgegeben. 
líente steht auf jenem Felde, über das ich den Pflug geleitet, ein 
schöner junger Lärchenwald; ich kann mit meiner Hand die Wipfel
	        
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