§ 31 Preußen unter Friedrich Wilhelm IV. 1840—1861. 83
Tie Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. Für die Bildung der Jugend soll durch
öffentliche Schulen genügend gesorgt werden. Eltern und deren Stellvertreter
dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, ber
für bie öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. Jeber Preuße hat bas Recht,
burch Wort, Schrift, Druck uub bilbliche Darstellung seine Meinung frei zu äußeru.
Das Petitionsrecht steht allen Preußen zu. Das Briesgeheimnis ist unverletzlich.
Alle Preußen sind wehrpflichtig.
Titel III. Vom Könige.
Die Person des Königs ist unverletzlich. Alle Regierungsakte des Königs
bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Ministers, bet baburd)
bie Verantwortlichkeit übernimmt. Dem Könige allein steht bie Vollzieherse
Gewalt zu. Er ernennt unb entläßt bie Minister. Der König führt ben Ober¬
besehl über bas Heer unb besetzt alle Stellen im Heere sowie in ben übrigen
Zweigen bes Staatsbienstes. Er hat bas Redst ber Begnabiguug unb Straf-
rnilberung. Der König beruft bie Kammern unb schließt ihre Sitzungen. Er
kann sie entweber beibe zugleich ober auch nur eine auflösen. Die Krone ist erblich
in bem Mannesstamme bes königlichen Hauses nach) bem Rechte ber Ästgeburt.
Der König wirb mit Bollenbung bes achtzehnten Lebensjahres volljährig. Er
leistet in Gegenwart ber bereinigten Kammern bas eibliche Gelöbnis, bie Ver¬
fassung bes Königreichs fest unb unverbrüchlich zu halten unb in Übereinstimmung
mit berfelben unb ben Gesetzen zu regieren.
Titel IV. Von ben Ministern.
Die Minister haben Zutritt zu jeber Kammer unb müssen auf ihr Verlangen
zu jeber Zeit gehört werben. Jebe Kammer kann bie Gegenwart ber Minister
verlangen.
Titel V. Bon ben Kammern.
Die gesetzgebenbe Gewalt wirb gemeinschastlid) burch den König unb durch
zwei Kammern ausgeübt. Die erste Kammer wird fortan das Herrenhaus, die
zweite Kammer bas Haus ber Abgeordneten genannt. Die erste Kammer wird
zusammengesetzt ans Mitgliedern, die der König mit erblicher Berechtigung oder
auf Lebenszeit beruft. Die zweite Kammer besteht aus 433 Mitgliedern. Die
Wahlbezirke werden durch das Gesetz festgestellt. Jeder Preuße, der das 25. Le¬
bensjahr vollendet hat, ist stimmberechtigter Urwähler. Ans jede Vollzahl von
250 Seelen der Bevölkerung ist ein Wahlmann zu wählen. Die Urwähler werden
nach Maßgabe ber von ihnen zu entrichtenben birekten Staatssteuern in brei
Abteilungen geteilt. Die Abgeorbneten werben burch bie Wahlmänner gewählt.
Die Legislaturperiobe ber zweiten Kammer wirb aus fünf Jahre festgesetzt. Zum
Abgeorbneten ber zweiten Kammer ist jeber Preuße wählbar, ber bas breißigste
Lebensjahr vollenbet hat. Die Eröffnung unb bie Schließung ber Kammern
geschieht burch ben König. Die Sitzungen beiber Kammern sinb öffentlich.
Die Mitglieber ber zweiten Kammer erhalten aus ber Staatskasse Reisekosten
unb Diäten.
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