Full text: Von deutscher Art und Arbeit (1)

Vaterland XX 
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erdrückt, wenn es ihm nicht gelingt, zur rechten Seit wieder den Boden, 
aus dem er erwuchs, zu berühren. Da wandeln die Sonntagskinder 
anderer Völker, wie sie heißen mögen: Shakespeare, Milton, Byron; Dante, 
Ariost, Casso; Rabelais, Corneille, Molière; sie säen nicht, sie spinnen 
nicht und sind doch herrlicher gekleidet als Salomo in aller seiner Pracht: 
in dem Lande aber zwischen den Vogesen und der Weichsel herrscht ein 
ewiger Werkeltag, dampft es immerfort wie frischgepflügter Acker und 
trägt jeder Blitz, der aus dem fruchtbaren Schwaden aufwärts schlägt, 
einen Erdgeruch an sich, welchen die Götter uns endlich, endlich gesegnen 
mögen. Raabe 
Und wiederum ist für eine Nation nur das gut, was aus ihrem eigenen 
Kern und ihrem eigenen allgemeinen Bedürfnis hervorgegangen, ohne 
Nachäffung einer anderen. Denn was dem einen Volk auf einer gewissen 
Altersstufe eine wohltätige Nahrung sein kann, erweist sich vielleicht für 
ein anderes als ein Gift. Alle Versuche, irgendeine ausländische Neue— 
rung einzuführen, wozu das Bedürfnis nicht im tiefen Kern der eigenen 
Nation wurzelt, sind daher töricht und alle beabsichtigten Revolutionen 
solcher Art ohne Erfolg; denn sie sind ohne Gott, der sich von solchen 
Pfuschereien zurückhält. Ist aber ein wirkliches Bedürfnis zu einer großen 
Reform in einem Volke vorhanden, so ist Gott mit ihm, und sie gelingt. 
Goethe 
Was treibt den König, der auf angeerbtem Throne sicher ruhen und des 
Markes des Landes genießen könnte, — was treibt, um an ein bekanntes 
Beispiel, das von dem empfindelnden Zwerggeschlechte auch so oft gemiß— 
deutet worden, meine Frage anzuknüpfen, — was treibt den mazedoni— 
schen Helden aus dem angeerbten, schon vom Vater wohlgesicherten und 
reichlich versehenen Königreiche in einen fremden Weltteil, den er unter 
ununterbrochenen Kämpfen durchzieht und erobert? Wollte er dadurch 
satter werden und gesünder? Was heftet den Sieg an seine Fußsohlen 
und schreckt vor ihm her die ihm an Menge ungeheuer überlegenen Feinde? 
Ist dies bloßer Zufall? Nein, eine Idee ist's, die den Zug beginnt und 
die ihn beglückt. Weichliche Halbbarbaren hatten das damals geistreichst 
ausgebildete Volk unter der Sonne wegen seiner kleineren Anzahl zu ver— 
achten und den Gedanken seiner Unterjochung zu fassen gewagt; sie hatten 
in Asien wohnende, verbrüderte Stämme wirklich unterjocht und das ge— 
bildete und freie Volk den Gesetzen und den empörenden Strafen roher 
und sklavischer Völkerschaften unterworfen. Dieser Frevel mußte nicht 
ungestraft verübt sein; auch mußte umgekehrt das gebildete herrschen und 
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Aus Denkern und Dichtern 
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