für die Arbeiterinteressen eintritt. Also daß die sozialdemokra- 
tische Partei so schnell entzwei geht, wie damals die Fortschritts¬ 
partei entzwei gegangen ist, oder daß sie so zurück geht wie die 
nationalliberale Partei und die deutsch-freisinnige Partei zurück¬ 
gegangen sind, das ist nicht sehr wahrscheinlich. Das wäre vielleicht 
dann möglich, wenn es einmal eine große monarchische Ar¬ 
beiterpartei geben könnte. Aber ob es die jemals geben 
kann, das weiß bis jetzt kein Mensch. 
Und darauf kommt es für die nächste Zeit auch nicht an. 
Der frühere Reichskanzler Fürst Bülow hat gesagt: „Die Forderung 
des Tages", also das, was gerade für jetzt ganz besonders notwen¬ 
dig wäre, das wäre „eine Reichstagsmehrheit, die in nationalen 
Fragen nicht versagt." Also der Kaiser braucht einen Reichs¬ 
tag, der bei sehr wichtigen nationalen Dingen mithilft. 
Was das für wichtige Dinge sind, das werden bisher wohl nur 
wenige Menschen wissen, und die es wissen, werden ganz gewiß 
nichts darüber sagen. Wichtige Dinge im Staatsleben darf 
man einmal nicht vorher sagen, sonst kann man grade durch 
das Sagen das zerstören, was man tun will. Jedenfalls war es 
also sehr wichtig, daß solch eine Reichstagsmehrheit gewählt wird. 
Der Stichwahltag ($07). 
Nun sind also die Wahlen ganz und gar vorbei, auch alle 
Stichwahlen sind vorbei; und nur ein paar Wahlkreise, ich glaube 
es sind zwei oder drei, müssen deswegen noch mal wählen, 
weil sie einen Abgeordneten gewählt haben, der auch wo anders 
gewählt ist. Jeder Abgeordnete darf nämlich nur ein Mandat 
haben. Wenn ihn zwei Wahlkreise gewählt haben, dann muß er 
sich aussuchen, für welchen Wahlkreis er Abgeordneter sein will. 
Da schreibt er dann hin, daß er die Wahl annimmt. Und an den 
andern Wahlkreis schreibt er, daß er die Wahl ablehnt. Und 
dann muß der andere Wahlkreis noch mal ganz von neuem wählen. 
Da wird es nun immer so gemacht: wenn in einem Wahlkreis 
der Abgeordnete nur mit großer Mühe gewählt worden ist, das 
heißt, wenn er nur wenig Stimmen mehr bekommen hat, als er 
notwendig haben mußte, dann behält er grade den Wahlkreis; 
denn da kann es leicht sein, daß, wenn da noch einmal gewählt 
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