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Aus allen verschiedenen Reformvorschlägen zur Hebung 
des Unterrichts und der Erziehung der Rinder erscheint mir 
ein Grundton immer wieder durchzuklingen: das Streben 
nach größerer Beachtung des natürlichen Interesses im Rinde, 
konsequente Berücksichtigung seiner seelischen und geistigen 
Bedürfnisse in allen Unterrichts- und Erziehungsfragen. 
Dieses Prinzip aber bedingt im einzelnen ganz gewaltig 
eingreifende Reformen in unserem Unterrichtsbetriebe. Ls 
verlangt zum Beispiel für alle Stunden neue Lehrpläne. 
Unsere Lehrpläne sind immer nach „wissenschaftlichen" Ge¬ 
sichtspunkten geschaffen, das heißt, nach Gesichtspunkten, die 
für die Fachleute maßgebend find, für die aber das Rind gar 
kein Verständnis und Bedürfnis hat. Es bedingt auch die 
Entfernung einer Unmenge von Stoffen, die eigentlich nur 
„des Systems wegen", der wissenschaftlichen Vollständigkeit 
halber, in unseren Lehrplan eingefügt worden sind, die aber 
vom kindlichen Interesse nicht getragen werden. 
Ebenso verlangt dieses Ziel auch eine vollständig neue 
Unterrichtsweise in der Schule, einen ganz neuen Standpunkt 
des Lehrers, dem Rinde gegenüber, es verlangt einen anderen 
Lehrton, eine ganz andere Art und Weise des Verkehrs zwischen 
Lehrer und Schüler- denn nur derjenige Lehrer kann die 
Bedürfnisse des Rindes im Unterricht zum Ausgangspunkt 
nehmen, der das Rind kennt. Die Rinder seiner Rlasse 
aber lernt er nur kennen durch einen ganz innigen, unge¬ 
zwungenen Verkehr. Je ungezwungener und natürlicher der 
Lehrer mit den Rindern verkehrt, je mehr gewinnt er ihr 
vertrauen, dadurch wieder erst veranlaßt er sie, ihm alles 
zu sagen, was sie denken, ihm freiwillig all ihre wünsche 
und Einfälle und Meinungen zum Ausdruck zu bringen. 
Erst die Rlasse, die da felsenfest überzeugt ist 
(instinktiv überzeugt ist), daß sie ihrem Lehrer alles 
sagen darf, daß sie mit ihm alles besprechen darf, 
erst die Rlasse, für die es unerschütterlich feststeht,
	        
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