2
Erster Abschnitt: Religion.
Wie oben schon angedeutet, bedienen sich mehrere Pädagogen, wie
Denzel, Dittes, Kehr n. a., zur Vorbereitung des Religionsunter¬
richts der moralischen Erzählungen, worin den Kleinen die Tugenden,
welche sie lernen und üben sollen, anschaulich gemacht werden. Aber
selbst das Vorbild tugendhafter Menschen ist kein vollkommenes.
Heilige kennen wir in der evangelischen Kirche nicht; denn die Schrift
sagt: „Da ist keiner, der Gutes thue, auch nicht einer." Warum nun die
Kinder nicht gleich zu dem führen, der von sich sagen konnte: „Wer
unter euch kann mich einer Sünde zeihen?" Wenn bei den moralischen
Erzählungen Gottes Wohlgefallen als Richtschnur dienen soll, so liegt
es sehr nahe, daß der Hinweis auf Gott, von dem das Kind nur den
Namen und einige Eigenschaften hört, nicht den Eindruck machen kann,
als wenn es ihn als den himmlischen Vater, der aus Liebe seinen
Sohn in die Welt gesandt, die sündige Menschheit zu erlösen, kennen
lernt, dessen liebevolles Walten in der Geschichte überall hervortritt.
Und welche Gefahr liegt nicht vor, daß das Kind später die „ebenso
ernsthaft" erzählten Geschichten von dem Herrn Jesus auch als reine
Märlein ansieht? Wer will da mithelfen, dem Unglauben Scheune und
Thor zu öffnen? (Siehe auch noch: Anschauungsunterricht, S. 141 u. f.)
Anders begründet Grüllich die Forderung, den biblischen Ge¬
schichtsunterricht durch einen passenden Unterbau vorzubereiten. Die
biblische Geschichte, führt er aus, setze eine Menge Anschauungen voraus,
welche bei den wenigsten Kindern vorhanden seien, so daß leicht falsche
Bilder erzeugt werden; feruer bewege sich die biblische Geschichte auf
einem ganz fremden Schauplatz, welcher erst anschaulich gemacht werden
könne, wenn der heimische Boden, wenigstens die nächste Umgebung,
für das Auge des Kindes aufgehellt sei.
Weniger der ideale Gehalt der biblischen Geschichte, als der äußere
Rahmen wird hier als Grund angegeben, daß die biblische Geschichte
vom Eintritt in die Schule bis Michaelis durch Anschauungsunter¬
richt ersetzt werde. Zu dem ersten Punkte der Einwürfe ist zu bemerken,
daß der biblische Geschichtsunterricht ebenso wenig voraussetzt, wie
andere Disziplinen. Die Anschauungsobjekte, welche derselbe bietet,
brauchen nicht bei den Kindern bekannt zu sein, sondern sollen eben
durch den Unterricht vorgeführt, besprochen und die entstehenden
Vorstellungen eventuell durch die biblischen Bilder richtig gestellt werden
Was nun den fremden Schauplatz der biblischen Geschichte anbelangt,
so scheinen uns die Nachteile nicht so groß zu sein. Wenn das Kind