— 115 —
mit unwilligem Murren ab; gefällt er, so schlagen die
Männer mit den Waffen zusammen.
2. In der Volksversammlung wurden auch die heran-
wachsenden Jünglinge in die Gemeinschaft der Volksgenossen
aufgenommen durch die feierliche Bekleidung mit den Waffen,
die das ganze Leben hindurch die Begleiter des Mannes
bleiben und ihm auch in das Grab folgen. Hier wurden
ferner die Fürsten gewählt, die Vorsteher (Richter und
Heerführer) der landschaftlichen Abteilungen der Völkerschaft,
sowohl der Gaue, wie der Hundertschaften, in welche
jene zerfielen. Zum Fürsten konnte jeder Freie gewählt
werden, doch nahm man gewöhnlich die Führer des Volkes
aus dem Adel, den Edelfreien; denn nicht mit Eifersucht und
Neid, sondern mit Verehrung und Dankbarkeit sah das Volk
zu seinen Herrschergeschlechtern auf, denen es göttliche Ab-
stammung beilegte.
3. Besonders ehrenvoll wurde die Stellung des Fürsten
dadurch, daß es ihm freistand, sich aus den freien Jüng-
lingen und Männern, besonders adeliger Geburt, die in
seinen Dienst zu treten begehrten, eine bewaffnete Gesölg-
schast zu bilden. In unverbrüchlicher Treue, die sie mit
Hand und Mund ihm gelobten, standen die Gefolgs-
genossen zu ihrem Herrn. Sie wurden mit Rüstung und
Roß von ihm aus der Beute oder den Gaben der Volks-
genossen ausgestattet nnd wetteiferten, die erste Stufe in
seiner Huld zu gewinnen. Sie waren die Ehrenwache des
Fürsten und sein Stolz im Frieden, im Kriege sein Schutz,
im Leben und Tod seine unzertrennlichen Genossen; denn
fürs ganze Leben galt es als entehrende Schande, ohne ihn
aus dem Kampfe zurückzukehren.
4. Bei den fortdauernd wandernden Ostgermanen findet
sich auch die Königsherrschaft. Der König wurde von
der Volksversammlung aus dem ältesten und ehrwürdigsten
Geschlechte des Adels gewählt. Er war der lebenslängliche
8*