Full text: Erzählungen aus Sage und Geschichte des Altertums und der ersten Periode des Mittelalters

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mit unwilligem Murren ab; gefällt er, so schlagen die 
Männer mit den Waffen zusammen. 
2. In der Volksversammlung wurden auch die heran- 
wachsenden Jünglinge in die Gemeinschaft der Volksgenossen 
aufgenommen durch die feierliche Bekleidung mit den Waffen, 
die das ganze Leben hindurch die Begleiter des Mannes 
bleiben und ihm auch in das Grab folgen. Hier wurden 
ferner die Fürsten gewählt, die Vorsteher (Richter und 
Heerführer) der landschaftlichen Abteilungen der Völkerschaft, 
sowohl der Gaue, wie der Hundertschaften, in welche 
jene zerfielen. Zum Fürsten konnte jeder Freie gewählt 
werden, doch nahm man gewöhnlich die Führer des Volkes 
aus dem Adel, den Edelfreien; denn nicht mit Eifersucht und 
Neid, sondern mit Verehrung und Dankbarkeit sah das Volk 
zu seinen Herrschergeschlechtern auf, denen es göttliche Ab- 
stammung beilegte. 
3. Besonders ehrenvoll wurde die Stellung des Fürsten 
dadurch, daß es ihm freistand, sich aus den freien Jüng- 
lingen und Männern, besonders adeliger Geburt, die in 
seinen Dienst zu treten begehrten, eine bewaffnete Gesölg- 
schast zu bilden. In unverbrüchlicher Treue, die sie mit 
Hand und Mund ihm gelobten, standen die Gefolgs- 
genossen zu ihrem Herrn. Sie wurden mit Rüstung und 
Roß von ihm aus der Beute oder den Gaben der Volks- 
genossen ausgestattet nnd wetteiferten, die erste Stufe in 
seiner Huld zu gewinnen. Sie waren die Ehrenwache des 
Fürsten und sein Stolz im Frieden, im Kriege sein Schutz, 
im Leben und Tod seine unzertrennlichen Genossen; denn 
fürs ganze Leben galt es als entehrende Schande, ohne ihn 
aus dem Kampfe zurückzukehren. 
4. Bei den fortdauernd wandernden Ostgermanen findet 
sich auch die Königsherrschaft. Der König wurde von 
der Volksversammlung aus dem ältesten und ehrwürdigsten 
Geschlechte des Adels gewählt. Er war der lebenslängliche 
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