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Damit er den Knappen beschütze.
Cr denkt es; ihm deckt die Augen ein Slor,
Blut, glaubt er, quill' aus den Wunden hervor,
Das, Gottes Rache heischend, empor
Zur Wölbung der Lämmer spritze.
Noch steht in stummem Starren der Gras,
Da ist ihm, als sah' er vom Todesschlaf
Den Greis sich langsam erheben.
Als schlag' er die Augenlider zurück
Und schau' ihn an mit dem alten Blick,
Nur finsterer als im Leben.
Graf (Otto taumelt zurück mit Grau'n, -
Cr wankt, doch kann er hinweg nicht schau'n,
Kalt aus die Stirne fühlt er es tau'n
Und den Boden unter sich beben.
An der Bahre liegt er dahingestreckt.
Als Stimmenruf aus dem Starren ihn weckt;
Schon sind verronnen die Stunden.
Die Richter treten in das Gemach
Und forschen nach Sitte des Bahrrechts nach,
Ob Blut entquollen den Wunden.
Sie rufen: „Glück auf! kein Tropfe floß!
Glück auf, Graf Otto! besteigt Lu'r Rotz,
Jn Srieden kehrt heim nach windeckfchlotz!
Unschuldig seid Ihr befunden."
Wohl hört der verklagte der Richter Wort,
Stumm aber liegt er fort und fort
Zu des schweigenden Mägers Sätzen;
Glückwünschend strömen die Diener herbei:
„Was zögert Ihr, k>err? Ihr seid nun frei!"
Doch achtet er nicht ihr Grützen.
Auf springt er und ruft, aus dem Brüten erwacht:
„Ich habe den Oheim umgebracht
Und heische das eine: noch diese Nacht
Die Strafe des Mordes zu blitzen!"
Adolf Friedrich Graf von Schack.