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VI. Der Wohnort. Aufzeichnung.
Am Pfiugstfeste. Während wir den heimatlichen
Himmel angeschaut, die Himmelsgegenden aufgesucht, das Schul¬
zimmer aufgezeichnet und (in der Naturgeschichte) Blumen und
Tiere in unsern Gärten aufgesucht haben, ist das Pfingstfest
herangekommen. Da legt unser Dorf ein Festgewand au —?
Was macht die Mutter im Hause vor dem Fest? Der Bauers¬
mann im Hofe? Der Schlosser, Tischler in der Werkstätte? —
Welchen besonderen Schmuck geben wir zu Pfingsten unsern
Häusern? Da holen 'wir den grünen Wald — die Maien —
herein ins Dorf und schmücken Stube und Flur damit. Diese
Sitte stammt aus gar alter Zeit: sie rührt von unsern Vätern
her, die lange, lange vor uns lebten.* Wir freuen uns über
die wunderherrliche Frühlingspracht, die ansgegossen ist über die
Gärten, über Wiese und Feld, über Wald und Flur — gerade
so wie unsre Väter (Naturfest). — Aber die Glocken mahnen
uns zu Pfingsten noch an etwas anderes — ? Ihr werdet in
diesem Jahre aus der biblischen Geschichte hören, das; der liebe
Gort einstmals zu dieser Zeit uns Menschenkindern viel Liebe
erwiesen hat. Dafür danken wir ihm in der Kirche und singen
ihm ein Loblied aus vollem Herzen (kirchliches Fest). — Nach¬
mittags, nach dem Gottesdienst, — am 2. Feiertage — werden
luftige Klänge durchs Dorf klingen. Was wird geschehen? Die
Schützen werden durchs Dorf ziehen hinaus auf die Wiese. Was
* I),-. Pfalz, Bilder aus dem deutschen Städteleben im Mittelalter, II,
lf>0: „Die echten bürgerlichen Frühlingsfeste waren die Maifeste. Sie treten
unter sebr verschiedenen Formen auf, aber sic haben immer ein charakteristisches
Merkmal; den Zug in den grünen Wald. Es scheint, das; diesem schönsten
und am weitesten verbreiteten mittelalterlichen Volksfeste ein alter heidnischer
Mythus zu Grunde liegt. Der Riese Winter soll überwunden und der holde
Knabe Frühling hereingeführt werden. Der Gebrauch, den Mai zu holen, war
mit den vom Lande Einwandernden in die Städte gezogen, und die Bürger
hinter ihren dicken Mauern und in ihren engen Straßen batten Grund, den
holden Frühling hereinzurufen. Wenn sie aus dem Walde heimkehrten, brachten
sie grüne Maien mit und wählten einen Maigrafen, dem zu Ehren sie bis
zlim sinkenden Abende schmausten und zechten . . . Wir haben den Rachklang
des alten Festes noch in dem Maienhvlen und Maiensetzen am Pfingst-
morgen" ... Zu Pfingsten fanden auch ritterliche Übungen statt. „Manche
Zünfte veranstalteten zur Pfingstfeier den altgermanischen Schwertertanz".
Es wurden Schützenfeste abgehalten.