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und zu Reichstagen umgestaltet, aber an ihnen teilzunehmen, be¬
rechtigt nur die Reichstandschaft (vgl. § 24 a Anmerk.). Diese gehört
zunächst allein den Landesfürsten. Jedoch hatten nicht nur sie auf
den Reichstagen Sitz und Stimme, sondern seit der zweiten Hälfte
des ausgehenden Mittelalters auch die Reichsstädte und die mächtigeren
Mitglieder des bisherigen niederen Adels, unter denen sich verschiedene
zur Würde und Stellung eines Grafen emporgeschwungen hatten.
Wohl wurde 1495 in Worms der Ewige Landfriede proklamiert
und zu seiner Aufrechterhaltung das Reichskammergericht eingesetzt,
das zudem richten sollte über die Verletzung kaiserlicher Gebote,
Streitigkeiten der Reichsunmittelbaren und der Reichsstädte, Klagen
der Untertanen gegen ihre Landesherrn wegen Rechtsverletzung, auch
unter bestimmten Bedingungen bei Zivil- und Strafsachen. Wohl
war auch eine Reichskriegsversassung gegeben worden, die ihre Wurzel
nicht im Lehnswesen hatte, sondern sich aus die Söldner, die Lands¬
knechte, stützte. Wohl schrieb der Reichstag hierfür eine Reichssteuer
in Form des „gemeinen Pfennigs" aus, — aber die Zersetzung des
Reiches war zu weit fortgeschritten, um von der kaiserlichen Gewalt
noch eine Rettung erwarten zu lassen. Die Zersplitterung des
Reiches ließ auch ein einheitliches Recht fehlen, die alten Volksrechte
und die deutschen Gesetzbücher (Sachsenspiegel usw.) reichen nicht aus,
so erfolgt denn am Ausgang des Mittelalters die Rezeption des
Römischen Rechtes ($ 35 b). Wie gering die Reichsgewalt war,
zeigen die Femgerichte, die auf westfälischer Erde entstanden und
zwischen 1425 und 1450 ihren Höhepunkt erreichten. Ob ihre
Wirksamkeit und tatsächliche Strafvollstreckung eine einigermaßen
umfangreiche war, erscheint recht fraglich. Dies ist sicher, daß in
dem Verfahren viel Ungerechtes und Schikanöses lag, daß sie durch
ihre Geheimniskrämerei viel Schrecken in ganz Deutschland ver¬
breiteten aber auch viel Schaden gestiftet haben, zumal als das
Freischöffenamt gegen Geld zu erwerben war.
$ 23. Das -Landesfürstentum und der Absolutismus.
a) Die Ausbildung des Landesstaates. Mit Beginn
des 16. Jahrhunderts ist die Entwicklung des Landesfürstentums
(88 21 b, 22 c) zu einer selbständigen Macht im großen ganzen be¬
endet. Bei ihm findet die Reformation einen Schutz, ihm fällt die
Ausgabe zu, die Reichsritterschaft niederzuwerfen. Seit Auskommen
der Feuerwaffen wird diese überflüssig, sie kann und mag sich nicht
der neuen staatlichen Ordnung eingliedern. Mit Recht sind die
Reichsritter als die Enterbten bezeichnet worden. Die Römerzüge
der deutschen Kaiser hatten sie mit ihrem Blut erkauft und mit
ritterlichem Glanze umgeben. Jetzt vermochte ihnen das Reichsober¬
haupt nicht zu helfen, die Städte sehen verächtlich auf das verarmte