Full text: Staats- und Volkswirtschaftslehre

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[§ 37] 
Was die Technischen Hochschulen dem Gewerbe bieten, sollen die 
Handelshochschulen dem Kaufmann geben. 
Wenig vermag im Gegensatz zur Wissenschaft die staatliche 
Tätigkeit auf dem Gebiet der Literatur, soweit ihre Erzeugung in 
Betracht kommt, zu leisten, — hier ist allein die individuelle Be¬ 
gabung maßgebend. Doch können sie der Staat, sowie Gemeinden 
durch Bibliotheken, Stiftungen und Ehrensolde für die Dichter, 
durch Unterstützung von Theatern, vor allem aber durch Nutzbar¬ 
machung der Literatur, insbesondere der nationalen, für Bildungs¬ 
zwecke fördern, und damit zu ihrer Hochschätzung in weiten Kreisen 
erheblich beitragen. Ähnlich verhält es sich mit der Kunst, sowohl 
mit den bildenden Künsten wie mit der Musik. Indes vermögen 
hier die zahlreichen Kunsthochschulen, Akademien, Kunstschulen, Kon¬ 
servatorien im Verein mit den Museen eine reiche Wirksamkeit zu 
entfalten. Eine besondere Ausgabe bildet noch das Zurückleiten des 
Handwerks in die vor Jahrzehnten verlassenen künstlerischen Bahnen 
(sog. Kunstgewerbe: vgl. $ 46 c). Durch Museen, Ausstellungen, 
Theater, Musikaufführungen, Volksabende und dgl. wird sodann 
allen Schichten des Volkes Kunst- und Literaturgenuß ermöglicht; 
denn aus wirkliches Kunst- und Literaturgenießen kommt es an, nicht 
aus Wissen und Kritisieren. Sammelpunkt all dieser Bestrebungen 
ist die Akademie der Künste in Berlin (gegründet 1699), welche in eine 
Sektion für bildende Künste und eine für Musik zerfällt: eine Aka¬ 
demie für Pflege der Literatur, wie in Frankreich die Académie 
française (gegründet 1637) besteht in Deutschland nicht. Zur Kunst 
rechnet man wieder nach dem Vorgänge Alt-Griechenlands die Gym¬ 
nastik. Wohl hatte man ihre gesundheitliche Bedeutung längst er¬ 
kannt, doch würdigt man sie jetzt wieder in ihrer ästhetisch-erzieh¬ 
lichen Bedeutung. Auch sie hat in Form der Leibesübungen, der 
volkstümlichen Spiele, des Manderns und des Sports einen großen 
Einfluß im Kampfe gegen Verrohung und gegen Mißachtung der 
idealen Güter. Die Pflege des Heimatssinnes (vgl. § 3 a) äußert 
sich in der Weckung und Förderung des Verständnisses und der 
Liebe zur Vergangenheit und zur Natur des Vaterlandes. Die 
Vergangenheit offenbart sich in Sage und Geschichte, in Kunst und 
Literatur, in Sitte und Tracht, die Natur dagegen im Landschafts¬ 
bild und in der Tier- und Pflanzenwelt. Verständnis und Liebe zur 
Heimat äußern sich in Erhaltung der geschichtlichen und Kunstdenk- 
müler der Vorzeit und vergangenen Jahrhunderte, in der Pflege 
volkstümlicher Bauweise und Erhaltung des Stadt- und Landschafts¬ 
bildes, in der Hochschätzung des Sagen- und Märchenschatzes und der 
Heldentaten der Väter und der Nationalliteratur, in der sinnigen 
Betrachtung des Lebens in der Natur, in der Begeisterung für die 
Schönheiten des großen Vaterlandes! Viel vermag hier der Staat 
durch Erlaß von Gesetzen und Verordnungen, sowie durch die
	        
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