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§ 43. Die Aischerei.
a) Allgemeines und Geschichte. Ebenso wie die Jagd
gehört die Fischerei zu den okkupatorischen Beschäftigungen des
Menschen. Sie umsaht nicht bloß die Fische, sondern auch Krebse,
Muscheltiere (Austern), und im weiterem Umfange den Fang nutz¬
barer Wasserlebewesen, wie Seehunde, Walfische, Schwämme, Korallen,
Perlen usw. Während jedoch die Erzeugung und Erhaltung der
jagdbaren Tiere mit mehr oder minder großen Kosten verknüpft ist,
die sich durch den Wildschaden leicht mehren, erfordert die Erzeugung
der Fische, von künstlicher Fischzucht abgesehen, weit geringere
finanzielle Aufwendungen. Ihre Aneignung ist dafür im Gegensatz
zur Jagd umso kostspieliger. Man unterscheidet die natürliche oder
wilde Fischerei, die aus natürlichen Gewässern unter den in natür¬
licher Freiheit lebenden Fischen getrieben wird, sowie die künstliche
oder zahme, die in künstlich geschlossenen oder angelegten Gewässern
stattfindet. Nach dem Ausübungsgebiet gibt es drei Arten: die
Binnenfischerei (natürlich, häufig künstlich), die Küstenfischerei am
Meeresufer sowie an den großen Flußmündungen und Hassen,
endlich die Hochseefischerei, die, gemäß der alten Kanonenschußweite
von drei Seemeilen (vgl. § 53 c Anm.), dort beginnt. Die Binnen¬
fischerei, und teilweise die Küstenfischerei wird oft im Anschluß an
landwirtschaftliche Betriebe ausgeübt; daher rechnet die Fischerei
ähnlich wie das Forstwesen zur Landwirtschaft im weitesten Sinne.
In den ältesten Zeiten spielte die Fischerei neben der Jagd
die größte Rolle, und zwar nicht bloß der Fang von Fischen,
sondern auch von eßbaren Mollusken. Ersterer gewann das l'tber-
gewicht mit Verbesserung der Fischsangmethoden, und da infolge
dieser zuverlässigen und weniger leicht als die Jagd versiegenden
Nahrungsquelle dem Menschen ermöglicht wurde, sich weiter über
die Erde zu verbreiten. Im Mittelalter war die Fischerei Königs¬
regal, das sodann aus die Landesfürsten usw. überging, die sie an
Dörfer, Klöster, Mühlen usw. weiterverpsändeten oder verliehen.
Namentlich die Klöster wandten sich der schon von den Römern
geübten Teichwirtschaft (Muränen) zu, und züchteten Karpfen und
Hechte. Mit Auskommen des Römischen Rechtes drang die An¬
schauung durch, daß bei den nicht öffentlichen Gewässern die An¬
wohner das Anrecht auf Wasser und Flußbett und somit auch den
Fischfang besäßen. Eine bedeutende Rolle spielte schon im Mittel-
alter der Versand des Stockfisches und des Herings. Friedrich der
Große verlieh der 1769 in Emden gegründeten Heringsfischerei¬
gesellschaft das Privileg des Heringshandels in Preußen. Doch hat
man die große volkswirtschaftliche Bedeutung der Fischerei erst vor
wenigen Jahrzehnten vollkommen zu würdigen verstanden, so daß
erst seitdem.eine wirksame Fischereiwirtschaft entstand.