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[§45]
Fürsten der Nordgermanen die Schmiedekunst — Jung-Siegfried
schmiedet sein eigenes Schwert und die Kunst des Schmiedens ist
neben der des Holzschnitzens eine vornehmlich deutsche Kunst ge¬
worden —, aber meist wird die gewerbliche Arbeit aus die Sklaven
übertragen. So war es noch bei der umfassenden Hauswirtschaft
der Latisundienbesitzer in der römischen Kaiserzeit, so gemäß Karls
des Großen capitulare de villis aus kaiserlichen Gütern, sowie bei
den Hörigen der Fronhöfe. Daneben gab es auch bei den Kulturvölkern
durchaus freie Handwerker, so um 2000 v. Ch. in Ägypten. Hier,
wie auch in Indien und anderwärts bildeten sich besondere Hand¬
werkerkasten, die wieder in Untertasten zerfielen und den Zünften
des Abendlandes entsprachen. Allerdings gilt die gewerbliche Arbeit
noch lange als etwas Erniedrigendes, ja Schimpfliches. In Griechen¬
land und Rom meinte man geradezu, wie sie aus die Schönheit und
Kraft des Leibes nachteilig einwirke, so auch aus den Geist und die
Sittlichkeit, — die Banausen, d. h. die Handwerker, wurden darum
als minderwertig betrachtet. Allgemein finden sich im Altertum
Eisen-, Kupfer- und Goldschmiede, Metallgießer, Bäcker, Schlächter,
Töpfer, Weber, Färber. Walker, Schneider, Gerber, Schuhmacher,
Sattler, Tischler, Wagner, Zimmerleute, Maurer, Steinmetzen,
Maler —, rund 20 betrügt meist die Anzahl. In Deutschland fand
das Gewerbe zunächst in den Klöstern eine Pflege, die nicht bloß
Lehrmeister des von den Römern übernommenen Steinbaues sind,
sondern auch in der gewerblichen Kleinkunst. Die Blüte des deutschen
Handwerks beginnt aber erst mit Auskommen der Städte. Wohl
bestanden selbst an den großen Orten nur eine mäßige Anzahl von
Zünften, — die Zwanzigzahl wurde selten überschritten —, doch
war innerhalb derselben eine bedeutende Arbeitsteilung eingetreten:
aus dem Schmied ist der Grobschmied, der Kleinschmied oder
Schlosser, der Messer-, der Huf- und der Nagelschmied, der Schwert-
seger, der Harnischmacher, der Spörner, der Spengler oder Gürtler,
der Nadler usw. geworden. Borläufig war das meiste noch Lohn¬
werk, d. h. aus Bestellung gearbeitet. Dann aber wird der Hand¬
werker zugleich Kaufmann, der aus Borrat arbeitet und diesen seil-
hült. Das deutsche Handwerk weist um die Wende des Mittelalters
eine technisch hohe Blüte aus, es brachte großen Wohlstand in die
Städte, wie auch die zahlreichen Luxusverbote bezeugen. Außer
seiner großen politischen Bedeutung für das Auskommen des deutschen
Bürgertums (vgl. § 22), zeichnet es sich durch einen hohen Kunstsinn
aus. Wie schon bemerkt, der Handwerker wurde zum Künstler,— aus
einem Goldschmied entwickelte sich Albrecht Dürer zum größten
deutschen Maler. Jeder Gegenstand, auch der einfachste Gebrauchs¬
gegenstand, wies eine künstlerische Gestalt auf, die auch bis in den
Ansang des 19. Jahrhunderts selbstverständlich blieb. Hervorragen¬
des wurde in der Architektur, in der Steinmetzkunst, in der Edel¬
metallkunst, in der Glasmalerei, in der Drechslerei usw. geleistet.