Full text: Staats- und Bürgerkunde

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Auf landwirtschaftlichem Gebiete war es der Bürgermeister 
Raiffeisen aus Neuwied, der die Anregung zur Begründung 
der landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften, der „Raiffeisen- 
Kassen", gab. 
Die Genossenschaften lehren uns: „Verbunden werden auch 
die Schwachen mächtig." 
Zusammenschlug zur Genossenschaft ist daher die Losung unserer 
Zeit. Leider bringen unsere Handwerker diesem Gedanken nicht 
das rechte Vertrauen entgegen, und das Genossenschaftswesen hat 
noch lange nicht die Ausbreitung, die es zum Besten des Hand¬ 
werks haben müßte. 
Der Staat hat hier wieder helfend eingegriffen mit Geld¬ 
mitteln und Gesetzgebung. Die Selbsthilfe der Handwerker wird 
vom Staate unterstützt durch die Z e n t r a l - E e n o s s e ti¬ 
sch a f t s k a s s e in Berlin, die im Jahre 1895 mit einem Kapital 
von 5 Millionen eröffnet wurde, schon % Jahre später wurde das¬ 
selbe auf 20 Millionen erhöht. 1898 aus 50 Millionen, seit April 
1905 stellt sich das Betriebskapital auf 52,4 Millionen. 
Diese Anstalt ist gedacht als eine Zentralstelle des genossen¬ 
schaftlichen Personalkredits, die den Zu- und Abfluß der Geldmittel 
von und zu den Genossenschaften in vorteilhafter Weise regeln soll. 
Sie soll die Mitglieder der Genossenschaften von den Großbanken 
unabhängig machen. — Die Bedingungen des Geldverkehrs sind 
nach festen Grundsätzen geregelt. 
Das geschieht durch das Gesetz über die Erwerbs- und Wirt¬ 
schaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889. 
Zur Gründung einer Genossenschaft gehören mindestens sieben 
Personen, nach oben hin ist die Mitgliederzahl unbegrenzt, se 
mehr, je besser. Sie muß geleitet werden von einem Vorstande 
und wird beaufsichtigt durch einen Aufsichtsrat und die General¬ 
versammlung. welcher mindestens alle Jahre wenigstens einmal 
Rechnung zu legen ist. Sie werden eingetragen bei dem Gerichte in 
das Eenossenschaftsregifter und unterliegen in ihrer ganzen Wirt¬ 
schaftsführung: Zu- und Abgang von Mitgliedern, Ein- und Aus¬ 
zahlung von Geschäftsanteilen, Bilanz usw. der gerichtlichen Aufsicht. 
Betreffs der Haftpflicht unterscheidet man Genossenschaften mit 
unbeschränkter Haftpflicht, d. h. die Genossenschafter haften für die 
Verpflichtungen der Genossenschaft mit ihrem ganzen Vermögen 
(e. G. m. u. H.), oder es gibt welche mit unbeschränkter Nachschu߬ 
pflicht (e. G. m. u. N.). Bei dieser Form haften zwar auch die 
Mitglieder persönlich für die Schulden, aber nicht unmittelbar, 
sondern die Genossenschaft kann von ihnen die erforderlichen Nach¬ 
schüsse verlangen. Bei den Genossenschaften mit beschränkter Haft¬ 
pflicht (e. G. m. b. H.) haftet das einzelne Mitglied mit der irrt 
Statut bezeichneten Haftsumme, niemals darüber hinaus. Diese 
Form empfiehlt sich als Regel für die Handwerksgenossenschaften. 
Der Art und dem Zwecke nach haben wir 
1. Kreditgenossenschaften (Vorschußvereine).
	        
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