Völkerverkehr und Völkerrecht.
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erduldet, kann nicht, es muß alles nehmen, was zu seiner Existenz
notwendig ist, und die Kämpfe, die doch keine bindenden Gesetze
und keine schränken dulden, müssen bisweilen aus Menschlichkeit
mit unmenschlicher Härte durchgekämpft werden, um den Erfolg aufs
schnellste oder endlich doch noch zu bereiten^).
3. Immerhin findet sich von frühen Jahrhunderten an das Be¬
streben, den Krieg milder, erträglicher und seltner zu machen. In
einem Krieg von Griechen gegen Griechen galt es schon im
8. Jahrhundert v. Ehr. als feste Norm, die Gesandten nicht zu ver¬
letzen, die Tempel zu verschonen, keine vergiftete Waffen zu gebrauchen,
die Bestattung der Toten auch den Besiegten zu gewähren und die
Kriegsgefangnen auszutauschen. Bald entschloß man sich auch dazu,
zu verlangen, man solle die Ltädte nicht gänzlich zerstören und die
Belagerten nicht vom Esuellwasser abschneiden, und mit den Jahr¬
hunderten ward immer eindringlicher die Mahnung, man solle, statt
das Lchwert zu ziehen, lieber freundliche Verständigung suchen, und
wenn man doch kämpfe, Milde zeigen,- Hellenen sollten streiten als
solche, die eines Tages sich wieder auszusöhnen gedächten. Freilich
der Einsicht entsprachen die Taten nicht völlig. Immer wieder brach
die wildeste Bestialität durch: die Leidenschaft überrannte die Bravheit.
4. In der neuen Zeit ward doch die Sehnsucht stärker, dem Kriege
eine edlere ritterliche Form zu geben, und im Kriegsrecht kam man
vorwärts. Hugo Grotius beeinflußte mit seinem 1625 erschienenen
Werke „De iure pacis et belli“, viele Geister, und Lamuel pufendorf
forderte 1667 für Deutschland die Einsetzung eines Ichiedsgerichts,
damit die inneren Kriege der Deutschen aufhörten,- sein verlangen
ward 1815 noch nicht recht, aber 1867 und 71 doch erfüllt. —
Unter zivilisierten Völkern wird jetzt Krieg gegen den Ltaat, nicht
gegen einzelne Bürger geführt. Privateigentum gilt für unverletzlich,
und nur das Ztaatsgut für gute Beute des Liegers. Die Lchütze
der Kunst und Wissenschaft (aber Tillp in der Pfalz, die Lchweden
in Prag, Napoleon I. in Italien und Deutschland) dürfen nicht an¬
getastet noch geraubt werden. Besonders hat man das Necht der
Neutralität ausgebildet, um die am Kriege nicht beteiligten, neu¬
tralen Mächte auch gegen seine Wirkungen zu schützen. Nach ihm
sollen sie nach wie vor unverwehrt miteinander und auch mit den
kriegführenden Ltaaten Handel treiben dürfen (nur das, was den
Zwecken des Krieges selbst dient, Kriegskonterbande, vor allem Waffen
und Munition unterliegen der Beschlagnahme von seiten des Feindes).
Moses IV, 13, 21 „Seid getrost, und nehmet die Früchte des Landes",
vber 1806 erschien solches ,,Raubsystem" dem Geiste der preußischen Armee zu¬
wider, da hungerte man hilflos im eigenen Lande.
Meyer, Bürgerkunde. 2