4 Ausgewählte Reden des Fürsten v. Bismarck, qq®
da will; hier ist nur das konstitutionell, was auf der preu¬
ßischen Verfassung beruht. Ich habe zwar das Vertrauen
zu den jetzigen Räten der Krone, daß sie die Prärogative
der Krone zu wahren wissen werden, und habe mit Freuden
5 aus der Mitteilung des Herrn Ministerpräsidenten mich
überzeugt, daß sie entschlossen sind, dies zu tun. Ich habe
die Überzeugung, daß sie den Manifestationen von Ge¬
fühlen und Ansichten dieser Kammer keinen anderen Wert
beilegen werden, als sie verfassungsmäßig haben, daß sie
10 vielmehr der Kammer überlassen werden, falls dieselbe
entschlossen ist, mit dem Ministerium nicht mehr gemeinsam
zu wirken, da, wo ihre Mitwirkung zur Gesetzgebung in
Anspruch genommen wird, dieselbe zu verweigern und da¬
durch das Ministerium zu nötigen, entweder zurückzutreten
15 oder die Kammer aufzulösen. Gerade aber aus diesem
Grunde scheint es mir der Würde der Kammer nicht ange¬
messen, daß sie wiederholt Beschlüsse zu einer Sache faßt,
wo es ihr an jedem rechtlichen Mittel fehlt, diesen Be¬
schlüssen Nachdruck zu geben . . . Wenn die Kammer die
20 Sache in die Hand nehmen will, so würde meines Erachtens
der einzige geeignete Weg der sein, daß sie einen Gesetz¬
vorschlag entwerfen ließe, vermöge dessen die Frankfurter
Verfassung in Preußen als rechtsgültig anerkannt würde,
und für diesen Gesetzvorschlag die Zustimmung der Ersten
25 Kammer und der Krone zu gewinnen suchte. Ehe wir je¬
doch dazu schreiten könnten, wäre es nötig, daß uns vorher
das Frankfurter Verfassungsprojekt in authentischer An¬
fertigung vorgelegt würde, um es unserer Prüfung und
Beschlußfassung unterwerfen zu können. Ich würde mich
30 des äußersten Leichtsinns zeihen müssen, wenn ich in einer
so wichtigen Sache auf den Grund eines dringlichen An¬
trages, nach flüchtiger Diskussion, eine ganze Verfassung
in Bausch und Bogen annehmen wollte, die in allen
Punkten der wichtigsten Aufgabe, welche wir haben, näm-
35 lich der Revision der preußischen Verfassung, präjudizierlich