6. Rede über Deutschlands Wehrkraft.
11. Januar 1887.
3m Jahre 1874 ließ Kaiser Wilhelm dem Reichstage ein
Gesetz vorlegen, welches eine Friedensstärke des Heeres von
5 401659 Mann aus sieben Fahre forderte (das „Septennat").
Der Reichstag nahm die Vorlage an und verlängerte das
Gesetz nach Ablauf der Frist aus gleiche Dauer. 3m Hinblick
auf die beständige Kriegsgefahr sah sich aber die Regierung
veranlaßt, für die Feit vom 1. April 1887 bis 31. März 1894
10 eine Erhöhung der Friedensstärke auf 468409 Mann zu for¬
dern. Die Reichstagskommission lehnte die Vorlage ab und
beschloß eine Erhöhung um 23000 Mann auf drei Fahre.
Während der Verhandlung im Plenum trat der Abgeordnete
Feldmarschall Graf Moltke warm für die Vorlage ein. Am
15 selben Tage hielt auch Bismarck seine Rede über die Wehr¬
kraft des Deutschen Reiches:
ñ^ie verbündeten Regierungen haben durch ihre Vorlage
LJ der Überzeugung Ausdruck gegeben, daß die Wehr¬
kraft des Deutschen Reiches so, wie sie augenblicklich be-
20 schaffen ist, dem deutschen Volke nicht diejenige Bürgschaft
für die Verteidigung des Reichsgebietes gewährt, auf
welche die Nation ein unverjährbares Recht hat. Diese
Überzeugung der verbündeten Regierungen ist begründet
durch das Urteil, durch das einstimmige Urteil aller mili-
25 tärischen Autoritäten in Deutschland, Autoritäten, deren
Kompetenz in ganz Europa sonst anerkannt wird mit der
alleinigen Ausnahme des deutschen Reichstags, wo dem
militärischen Urteile dieser Autoritäten, die, ich wiederhole