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eine Verschiebung des Einkommens hervorgerufen werden, das Ein¬
kommen des ganzen Volkes aber wird dadurch gar nicht verändert.
Nach dieser Rechnung heben sich also die volkswirtschaftlichen Vor-
und Nachteile des Alkohols gerade auf.
Alle diese Bemühungen, die volkswirtschaftliche Bedeutung der
geistigen Getränke zu beurteilen, leiden an einem gemeinsamen Fehler.
Sie alle versuchen, die volkswirtschaftlichen Kosten des Alkohols in
Geld auszudrücken. Wir haben aber gesehen, daß die volkswirtschaft¬
lichen Kosten der Erzeugung und des Verkaufs der geistigen Getränke
gar nicht in Geld, sondern in Arbeit und Boden bestehen. Das Geld,
welches die Menschen für die geistigen Getränke ausgeben, wird wohl
vom einzelnen, nicht aber von der Gesamtheit geopfert. Und wenn
als Nutzen des Alkohols die Tatsache bezeichnet wird, daß viele Men¬
schen daran verdienen, so ist zu erwidern, daß diese Menschen auch
durch nützlichere Beschäftigungen ihr Brot erwerben könnten.
Wir müssen daher, wenn wir die wirklichen Kosten des Alkohols
erkennen wollen, nicht an das Geld denken, sondern uns die Frage
vorlegen: Wieviel Arbeit und wieviel Boden muß das deutsche
Volk alljährlich für die alkoholischen Getränke hingeben?
Die geistigen Getränke enthalten zunächst eine ungeheure Menge
Arbeit. Es steckt darin die Arbeit der Landarbeiter, welche die Wein¬
trauben, das Getreide, den Hopfen und die Kartoffeln erzeugen, aus
denen die geistigen Getränke bereitet werden, ferner die Arbeit der
Brauer, Brenner und Küfer, der Glasbläser usw., der Gastwirte und
Kellner. Schon vor mehr als 30 Jahren hat v. Bunge, Professor
der Medizin in Basel, berechnet, daß der zehnte Teil der arbeitenden
Bevölkerung in Deutschland in der Erzeugung und dem Verkauf des
Alkohols beschäftigt ist. Dabei ist selbstverständlich der Spiritus,
welcher gewerblichen Zwecken dient, nicht mitgerechnet. Die Arbeits¬
kosten der geistigen Getränke betragen demnach den zehnten Teil
der gesamten Volksarbeit. Man wird zugeben müssen, daß diese
ungeheure Arbeit besser zur Erzeugung von Nahrungs- und Kultur¬
mitteln verwendet würde. Hierbei ist die Tatsache, daß durch den
Alkoholgenuß die Arbeitsleistungen bedeutend herabgesetzt werden,
nicht einmal mit in Rechnung gezogen.
Man hat ferner berechnet, daß der zehnte Teil der gesamten
Bodenfläche des Deutschen Reiches dem Anbau der Rohstoffe für die
Alkoholerzeugung geopfert wird. Das ist eine Fläche, die größer ist,
als die ganze Provinz Schlesien. Niemand wird verkennen, daß es
besser wäre, diese Fläche zur Erzeugung von Nahrungsmitteln zu