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ITI. Preußen. 
Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König 
und durch zwei Kammern ausgeübt (Art. 62 d. Vers.). 
Dem König steht die vollziehende Gewalt zu. Er ernennt die 
Minister und die übrigen Staatsbeamten; er hat das Recht der Be¬ 
gnadigung und Strafmilderung; er führt den Oberbefehl über das Heer. 
Er beruft die Kammern und schließt ihre Sitzungen. 
Der Landtag besteht aus zwei Kammern, die seit 1855 den Namen 
Herrenhaus und Haus der Abgeordneten tragen. 
Das Herrenhaus besteht: 
1. aus den Prinzen des Königlichen Hauses; 
2. aus Vertretern des hohen Adels und des alten und befestigten 
Grundbesitzes; 
3. aus Vertretern der größeren Städte; 
4. aus Vertretern der Universitäten; 
5. aus Personen, die aus königlichem Vertrauen berufen worden sind. 
Das Abgeordnetenhaus besteht aus 443 Abgeordneten, die auf 
Grund des allgemeinen, nach Klassen abgestuften Wahlrechts im indirekten, 
öffentlichen Wahlverfahren gewählt werden. 
Das Wahlrecht ist allgemein. Jeder Preuße, der das 24. Lebens¬ 
jahr vollendet hat, besitzt das aktive Wahlrecht; um das passive 
Wahlrecht Zu besitzen, muß man das 30. Lebensjahr vollendet haben. 
Ausgeschlossen von der Wahl sind dieselben Personen wie bei 
der Wahl des Reichstages. 
Das Wahlrecht ist auf Grund der Steuerleistnng in drei Klassen 
abgestuft. In jedem Wahlbezirk besteht die erste Abteilung aus 
den Wählern, auf welche die höchsten Steuerbeträge bis zum Be¬ 
trage eines Drittels der gesamten Steuersumme des Bezirks ent¬ 
fallen, die zweite aus denjenigen Wählern, auf welche die nächst¬ 
niedrigeren Steuerbeträge bis zur Grenze des zweiten Drittels 
entfallen, die dritte Abteilung aus den übrigen Wählern. 
Das Wahlverfahren ist indirekt. Die Urwähler wählen Wahl¬ 
männer, die ihrerseits den Abgeordneten wählen. 
Das Wahlverfahren ist öffentlich. Jeder Urwähler und Wahl¬ 
mann gibt mündlich seine Stimme ab. 
Die Bestimmungen über die Rechte des Landtags entsprechen den 
Bestimmungen über die des Reichstags.
	        
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