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Treue seinem Fürsten (und seinem Kaiser). Hundert andere Dinge erinnern
ihn an seine Zugehörigkeit zum Heimatstaate Baden: Seine Landesfahne,
die Aufschriften an der Schreibstubentüre seiner Staatsbeamten. Seine Steuern
zahlt er seinem Großherzogtum. Die Angelegenheiten seines Landes werden
beraten im badischen „Landtag". Wenn er seine Heimat bereist, benutzt er
badische Eisenbahnen. Fort und fort erinnern ihn all diese Dinge daran:
Ich bin Badener. Ähnlich ist es bei Bayern, Württemberg, Sachsen, Preußen.
Von all den Einrichtungen fehlt aber unserm Elsaß-Lothringen mancher¬
lei. Wir haben kein angestammtes einheimisches Fürstenhaus, das durch
Jahrhunderte hindurch mit der Geschichte unseres Staates verknüpft wäre.
Es fehlt uns auch ein „eigenes" Heer. Wohl gibt es „unterelsässische",
„oberelsässische" und „lothringische" Regimenter. Aber sie heißen nur so.
Unserm Lande zu Ehren hat ihnen der Kaiser diese Namen verliehen. In
Wirklichkeit sind sie preußische Regimenter. Der junge Elsaß-Lothringer
schwört also den Fahneneid nur seinem Kaiser, nicht auch noch einem
Landesfürsten.
Badens Staatseinrichtungen sind ferner schon ziemlich alt. Jedenfalls
ist niemand im Deutschen Reiche, der zum Badener sagen könnte: Ich habe
euch eure Staatseinrichtungen gegeben. Die Badener haben sie sich im Laufe
der Zeit selber gezimmert. Wir aber haben die unsern vor gar nicht langer
Zeit vom Reiche empfangen. Man weiß noch ganz genau, wie das geschehen
ist, und unter welchen Bedingungen sie geändert werden dürfen. Das Reich
kann sie jederzeit wieder ändern, kann uns den Statthalter, den „Landtag",
von dem wir noch genaueres erfahren wollen, und noch vieles andere wieder
nehmen. Alle andern deutschen Staaten sind eben in gewissem Sinne noch
Besitzer unseres Landes. Gemeinsam haben sie es im großen Kriege erobert.
Es gehört dem Reiche und heißt darum „Reichsland". Wenn wir die Ge¬
schichte befragen, wird uns klar werden, warum es so ist.
In der alten deutschen Zeit sah es bei uns genau so aus wie in allen
andern deutschen Landen. Wie in Baden oder Württemberg und im Reiche
überhaupt gab es im Mittelalter und zu Anfang der Neuzeit bei uns ein
wahres Heer von kleinen und großen Herrschaften. Da saßen Bischöfe, wie
die von Straßburg und Metz, als weltliche Fürsten im Lande, besaßen Land
und Leute und zogen als des Reiches Fürsten zu den Reichstagen, den
großen Versammlungen von Deutschlands Herren, auf denen die deutschen
Angelegenheiten beraten und entschieden wurden. Ja, selbst Bischöfe, die gar
nicht im Elsaß selber wohnten, wie die von Speyer und von Basel, be¬
herrschten einzelne Teile unseres Landes. Neben ihnen stand eine stattliche
Zahl von Äbten mit größeren oder kleineren Gütern, ebenfalls als Landes-