Full text: Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre

noch (wie dem Vater) die Nutznießung des Vermögens des 
Mündels zugebilligt war. Der Vormund muß jetzt an Eidesstatt 
vor Gericht versichern, sein Amt treu und gewissenhaft zu führen; 
also nur dem Interesse des Mündels zu folgen. Die Vermögens¬ 
verwaltung unterliegt der beständigen Kontrolle des Vormund¬ 
schaftsgerichtes. Das Vermögen muß in Papieren angelegt 
werden, die der Staat als „mündelsicher" bezeichnet. Alle 
wichtigen Verfügungen des Vormunds, die Vermögensverwaltung 
betreffend, bedürfen der Genehmigung des Vormundschaftsge¬ 
richtes, dem jährliche Abrechnungen vorzulegen sind, und das auch 
im Bedarfsfall und besonders bei sehr umfangreicher Vermögens¬ 
verwaltung einen G e g e n.v o r m u n d ernennt. 
Das Vormundschaftsgericht ist eine besondere 
Funktion des Amtsgerichtes, das Organ, dem der Staat die 
Fürsorge für die Jugend überträgt. Es übt in der Regel die 
O b e r v o r m u n d s ch a f t über die Mündel aus. An seine Stelle 
kann durch letztwillige Verfügung der Eltern des Mündels auch 
ein Familienrat treten. Er besteht aus Familienmitgliedern 
unter Vorsitz des Vormundschaftsrichters und ernennt und kon¬ 
trolliert den Vormund. 
Berufsvormundschaft: Wir haben bisher das Amt 
der Vormundschaft unter dem Gesichtspunkt betrachtet, wie im 
Einzelfall der Staat bemüht ist, das Recht der Verwaisten zu 
vertreten. Doch geht die Aufgabe des Staates noch weiter, wo es 
sich um die große Menge der armen und hilfsbedürftigen Kinder 
handelt. Hier will sich der Staat nicht auf den guten Willen 
des einzelnen Vormundes verlassen, sondern ernennt Berufs¬ 
vormünder, die ihre Tätigkeit als staatliche Beamten ausüben. 
So ist in Preußen die Armenverwaltung Generalvormund für 
alle minderjährigen Waisen, die öffentliche Unterstützungen be¬ 
ziehen. Ebenso ist der G e m e i n d e w a i s e n r a t ein Hilfsorgan 
des Vormundschaftsgerichtes. Er besteht aus Mitgliedern der 
Stadtverwaltung, denen freiwillige Hilfskräfte als Waisenpfleger 
beigegeben werden. In sehr vielen deutschen Städten haben sich 
Frauen als Waisenpflegerinnen gut bewährt. Sie sorgen vor 
allem für die körperliche Pflege der Kinder und zeigen alle Mi߬ 
stände dem Vormundschaftsgericht an. Besonders die sogenannten 
Zieh- und Haltekmder, d. h. die gegen Entgelt in fremden Fa¬ 
milien aufgenommenen Kinder, stehen unter der Obhut und Kon¬ 
trolle des Waisenrats. 
e) Fürsorgeerziehung. 
Ist durch Mißbrauch der elterlichen Gewalt oder Vernach¬ 
lässigung das geistige oder leibliche Wohl des Kindes gefährdet.
	        
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