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Allgemeine Wirtschaflslehre.
Personen geliehenes Kapital in der Regel bezahll werden mutz. Auch ist die
Landesbank erbötig, die Zinsen und den Tilgungsbetrag zu stunden, d. h. um
ein Zahr zurückzustellen, falls der Landwirt infolge von Mißernten, Viehsterben,
Krankheiten in der Familie u. dgl. m. zur Bezahlung nicht imstande ist. Dem¬
nach zeigt die Landesbank den Landwirten das grötzte Entgegenkommen und
zwar lediglich aus dem Grunde, um der Familie das Besitztum zu erhalten
und um Gutsoerkäufe, Besitzwechseln und Ueberschuldungen tunlichst vorzu¬
beugen, sowie um eine allmähliche Entschuldung des ländlichen Besitzes wieder
herbeizuführen. Datz die letztere Maßregel nicht nur dem jeweiligen Ueber-
nehmer des Hofes, sondern auch den Miterben von größtem Nutzen ist, liegt
klar auf der Hand; das Erbteil der Kinder gestaltet sich bei der regelmäßigen
Tilgung der Schuldenlast des Hofes immer günstiger. Außerdem wird die
Möglichkeit geschaffen, den Hof der Familie dauernd zu erhalten.
Um den Landwirten die Vermittelung der Darlehen zu erleichtern, sind
in den verschiedenen Kreisen neuerdings Landesbankagenturen eingerichtet. Durch
diese Agenturen wurden im Laufe weniger Jahre bereits an eine größere Zahl
von Landwirten Darlehen vermittelt. Das beweist einerseits, daß die Errich¬
tung der Landesbankagenluren eine Notwendigkeit war, und andererseits, daß
in den beteiligten Kreisen dieser für die Landwirtschaft vorteilhaften Einrichtung
immer mehr Verständnis entgegengebracht wird. Es liegt daher im Interesse
aller Landwirte, von der betreffenden Einrichtung Gebrauch zu machen. Hier¬
bei ist noch zu bemerken, daß bei den Landesbankdarlehen Kosten für Hypo¬
thekenbriefe nicht erwachsen, auch Stempelkosten nicht erhoben werden und daß
bei der Einkommensteuer Tilgungsquolen bis zur Höhe von 600 M. in Abzug
gebracht werden.
Die Landesbank ist befugt, behufs Beschaffung der erforderlichen Mittel
Emission- (Aufnahme-) Rheinprovinz-Anleihescheine auszugeben und zwar in
Höhe von 3 Millionen M. 1887—1888 betrugen die Darlehnsforderungen:
29 343181 M., 1894—1895: 107 609 822 M., 1903: 325 714 381 M. Der
Gesamtkassenumschlag der Landesbank für 1902—1903 betrug, obwohl die
Landesbank keinen Wechselverkehr und Kontokorrentkredit mit Privaten unter¬
hält, über 600 000 000 M.
Die Tilgung der Schuld erfolgt bei einem Zinsfuß von 4 %,
und einer Amortisation von V2 % in 64 Jahren,
1 0/0 „ 41
IV2 % „ 33
2 % „ 28
Je niedriger der Zinsfuß ist, um so längere Jahre beansprucht die
Amortisation. Sie würde z. B. bei 3Vr % Zins und 1 °/o Amortisation 43
und bei 5 0/0 Zins und 1 °/o Amortisation 36 Jahre dauern.
G. Das Versicherungswesen.
Die Bedeutung der Versicherung und gesetzliche
Grundlagen.
Jeder Mensch ist bestrebt, sein Hab und Gut zu erhalten
und seine Familie sicher zu stellen, falls er durch Krankheit, Unfall
oder Tod daran behindert werden sollte. Hab und Gut unter-