36
das Gefühl einer wirtschaftlichen unabhängigen Sicherheit, indem sie
das materielle Wohl der Familie gründet. Damit regt sie aber
Schaffenslust und Schaffensfreude an. Sie ermuntert den Einzelnen
sich zu betätigen, seiner Kräfte Spielraum sich entfalten zu lassen.
Und sollte wirklich ein Unstern über seinem Schaffen schweben, so
beseitigt die Versicherung dessen wirtschaftlich ungünstige Folgen für
den Betroffenen. Indem aber der einzelne Mensch für sich vorwärts¬
strebt, nützt er der Allgemeinheit, dem gesamten Volkstum. Es wird
eine allgemeine Förderung der Gütererzeugnisse angestrebt und doch
haftet dieser nicht das Spiel des blinden Zufalls an infolge der Ge¬
währleistung, der gebotenen Sicherheitsgarantien durch die Versicherung.
Damit gewinnt aber die Preisbildung eine gewisse Stetigkeit und in
ruhiger Entwicklung vermag das Wirtschaftsleben den Bedürfnissen
der Allgemeinheit zu dienen, den Wohlstand des Volkes zu heben, die
Kultur zu fördern.
Professor Manes schildert die wirtschaftliche Bedeutung mit fol¬
genden Worten:
„Das Versicherungswesen zeitigt einen großen Nutzen, den es un¬
mittelbar und mittelbar durch sein Bestehen und Wirken in allgemeiner
volkswirtschaftlicher und sozialer Hinsicht ausübt. Es bewahrt alljähr¬
lich in jedem zivilisierten Lande Tausende von Menschen und Familien
vor Verarmung durch unverschuldete Unglücksfälle und bildet so einen
überaus wirksamen Damm gegen die Zunahme der Besitzlosen. Es
fördert die schaffensfreudige wirtschaftliche Tätigkeit und belebt den
Unternehmungsgeist, indem es dem Menschen die lähmende Furcht
und Sorge abnimmt, daß ihm oder den Seinigen die Früchte der
Arbeit durch einen zerstörenden Unglücksfall verloren gehen könnten.
Es enthebt ihn, mit anderen Worten, bei seiner wirtschaftlichen Tätig¬
keit der Rücksichtnahme auf den unbegrenzten Zufall, der seine Vor¬
sätze und seinen Fleiß zu Schanden machen kann und ermöglicht ihm,
auch in gewagtere, von Unfällen bedrohte, gleichwohl für die mensch¬
liche Gesellschaft wichtige Unternehmungen sich einzulassen, die sonst
unterblieben wären."
Die staatliche
Aufsicht über die gewerbliche Arbeit.
Die Gewerbegesetzgebung.
Deutschland war ehedem ein vorwiegend Landwirtschaft treiben¬
der Staat — Agrarstaat — heute zeigt es mehr die Eigenschaften
eines Industriestaates. Ein großer Teil der Bevölkerung findet lohnen¬
den Erwerb in der Industrie und in steigendem Maße nimmt die
Industrie die Arbeitskraft der Bevölkerung in Anspruch. Mit der Zu¬
nahme der Fabriken und der Abwanderung der Arbeitskräfte in die¬
selben erwuchs aber dem Staate die Pflicht, über Fabrikationsbetrieb
und Arbeitstätigkeit zu wachen, durch gesetzgeberische Maßnahmen die
arbeitende Bevölkerung gegen Unfall zu schützen, ihre physische Arbeits-