50
99
138. Der Frühling ist ein starker Held.
Von E. Geibel.
Gedichte. Stuttgart 1874. S. 55.
1. Der Frühling ist ein starker Held, 3. Und nun mit triumphierendem Schall
Ein Ritter sondergleichen; Durchzieht er Land und Wogen;
Die rothe Ros' im grünen Feld Als Herold koͤmmt die Nachtigall
Das ist sein Wappen und Zeichen. Vor ihm dahergeflogen.
2. Sein Schwert vom Sonnenglanze schwang 4. Und rings erschallt an jedes Herz
Er kühn und unermüdet, Sein Aufruf allerorten,
Bis hell der silberne Panzer sprang, Und hüllt es sich in dreifach Erxz,
Den sich der Winter geschmiedet. Es muß ihm öffnen die Pforten;
5. Es muß ihm öffnen die Pforten dicht,
Und darf sich nimmer entschuld'gen,
Und muß der Königin, die er verficht,
Der Königin Minne, huld'gen.
139. Warnung vor dem Rhein.
Von K. Simrock.
Gedichte. Leipzig 1844. S. 83.
1. An den Rhein, an den Rhein, zieh nicht 3. Und zu Schiffe, wie grüßen die Burgen
an den Rhein, so schön
Mein Sohn, ich rathe dir gut: Und die Stadt mit dem ewigen Dom!
Da geht dir das Leben zu lieblich ein, In den Bergen, wie klimmst du zu schwindeln⸗
Da blüht dir zu freudig der Muth. den Höh'n
2. Siehst die Mädchen so frank und die Und blickst hinab in den Strom.
Männer so frei, 4. Und im Strome, da tauchet die Nix
Als wär' es ein adlich Geschlecht; aus dem Grund,
Gleich bist du mit glühender Seele da- Und hast du ihr Lächeln gesehn,
bei; Und sang dir die Lurlei mit bleichem Mund,
So dünkt es dich billig und recht. Mein Sohn, so ist es geschehn:
5. Dich bezaubert der Laut, dich bethört der Schein,
Entzücken faßt dich und Graus.
Nun singst du nur immer: „Am Rhein, am Rhein“,
Und kehrst nicht wieder nachhaus'
140. Wer ist ein Mann? 1813.)
Von E. M. Arndt.
Gedichte. Berlin 1866. S. 270.
1 Wer ist ein Mann? Wer beten kann Der kalten Brust fehlt Kraft und Lust,
Und Gott dem Herrn vertraut; Und ihre That wird Wind.
Wann alles bricht, er zaget nicht, 5. Dies ist der Mann, der sterben kann
Dem Frommen nimmer graut. Für Freiheit, Pflicht und Recht;
2. Wer ist ein Mann? Wer glauben kaan Dem frommen Muth däucht alles gut,
Inbrünstig wahr und frei; Es geht ihm nimmer schlecht.
Denn diese Wehr bricht nimmermehr, 6. Dies ist der Mann, der sterben kann
Sie bricht kein Mensch entzwei. Für Gott und Vaterland;
3. Wer ist ein Mann? Wer lieben kann Er läßt nicht ab bis an das Grab
Von Herzen fromm und warm; Mit Herz und Mund und Hand.
Die heil'ge Glut gibt hohen Muth 6. So, deutscher Mann, so, freier Mann,
Und stärkt mit Stahl den Arm. Mit Gott, dem Herrn, zum Krieg!
4. Dies ist der Mann, der streiten kaan Denn Gott allein kann Helfer sein;
Für Weib und liebes Kind. Von Gott kommt Glück und Sieg.