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geworfen, so daß ich schwer in der Ferne höre. Du würdest mir
eine große Freude machen, wenn du über den Zaun zu mir herunter¬
fliegen möchtest und mir so recht in der Nähe etwas vorkrähtest!"
„Ich kann ja nicht zu dir kommen," sprach Gokelmann ganz
traurig. Er fühlte sich so sehr geschmeichelt von dem Lobe des
Fuchses.
„Ach wie schade!" sprach Meister Reineke, „ich wollte dich auch
noch um eine andere Gefälligkeit bitten. Der Doktor hat mir ge¬
raten, ich solle wegen meiner Taubheit frische, lebendige Regenwürmer
auf die Ohren legen. Da bin ich nun hergekommen, um mir welche
zu holen, und kann sie nicht gut mit meiner Schnauze fassen. Ja.
wer deinen Schnabel hätte!"
„Regenwürmer, fette Regenwürmer? Sind denn wirklich welche
da?" fragte Gokelmann eifrig.
„Ach, und was für welche!" sprach der Fuchs: „Kerle, wie die
Aale so fett, das kribbelt und Wibbelt davon hier unten beim Wasser.
Nie in meinem Leben sah ich solche Menge beisammen."
Wie das der Gokelmann hörte, konnte er sich nicht halten; er¬
hob die Flügel, um über den Zaun zum Fuchse hinunter zu fliegen.
Sein liebstes Essen von der Welt waren ja fette Regenwürmer. —
Aber vergebens! Gerade gestern hatte die Köchin ihm die Flügel
beschnitten, damit er eben nicht überall hinfliegen könne. So ward
es ihm unmöglich, hinunter zu flattern. Er klagte dem Fuchse sein
Leid. Dieser wollte ihm auch eben einen guten Rat geben, wie er
trotzdem aus dem Garten heraus zu ihm kommen könne, da ließen
sich aber in der Nähe Menschenstimmen hören. Der Fuchs hatte
gerade noch Zeit, dem leichtgläubigen Gokelmann zuzurufen: „Komm
morgen wieder, du Herzens-Gokelmann, und bring doch auch ja
deinen lieben Bruder Hähnel mit! Dann wollen wir mehr mit ein¬
ander sprechen, hörst du?" Darauf streckte er den Schwanz hoch in
die Luft und lies, was er nur konnte, ins Feld hinein.
Traurig ging Gokelmann nach seinem Hofe. Fortwährend
dachte er an das leckere Frühstück, wovon der Fuchs ihm gesagt hatte.
Daheim angelangt, erzählte er nun seinen Eltern, Avas ihm begegnet
war. Nach seinen Worten konnten die alten Hühner auch nicht
anders denken, als daß der taube Freund am Ufer ein Hund gewesen
iväre. „Alterchen!" sprach Frau Kratzefuß zum Hahn, „wie wär's,
wenn wir morgen um diese Zeit alle zusammen nach der Stelle hin-