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römischen Sinnes, begeistert für die Poesie und Philosophie des Altertums; er
bemühte sich, ohne dass er jedoch die Christen verfolgt hätte, den heidnischen
Kultus neu zu gestalten. Auf einem Feldzuge gegen die Perser verlor er das
Leben. Seine Nachfolger wandten sich wieder dem Christentum zu; das Heiden¬
tum erhielt sich nur noch in entlegenen Landschaften und in Philosophen-Schulen.
Theodosius d. Gr. untersagte die heidnischen Opfer; viele heidnische Tempel
wurden unter ihm zerstört. Indem so die alte Welt in ihrem innern Kern unter-
ging, bereitete sich auch ihr äußerer Untergang durch neu auftretende Völker vor
(Völkerwanderung 875). Während Valens (364 — 378) den Osten
regierte, kam ein asiatisches Nomadenvolk, die Hunnen, nach Europa, das die
Alanen, Ostgothen und Westgothen besiegte. Die bereits zum Christentum be-
kehrten (Ulfilas) Westgothen, anfangs von Valens beschützt, gerieten bald in
Zwist mit den römischen Beamten, zogen plündernd in Thrakien umher, besiegten
Valens in der Schlacht bei Adrianopel (378) und bedrohten schon Italien.
Da ward der Spanier Theodosius d. Gr. (379 — 395), den Gratianns
(375—383), der Beherrscher des Abendlandes, zum Augustus des Morgenlandes
ernannte, durch geschickte Kriegführung der Retter des römischen Reiches. Die
Westgothen wurden teils in Thrakien, Mösien und Dazien angesiedelt, teils dem
römischen Heere einverleibt. Nach vielen Kämpfen ward Theodosius 394 auch
Beherrscher des Abendlandes, das damals schon schwer unter Armut und Ent-
völkerung litt. Bei seinem Tode (395) teilte er das Reich unter seine Söhne;
der 18jährige Arcadius (395—408) sollte unter der Leitung des Galliers
Rufmus den Orient, der 11jährige Honorins (395—423) unter dem Schutz
des Vandalen Stilicho den Occident beherrschen. Von Rufmus angereizt er¬
griffen die Westgothen unter Alarich gegen Stilicho die Waffen (396) und
wurden wiederholt zurückgeschlagen (Schlachten bei Polentia und Verona, 403).
Bald darauf brachen andere germanische Stämme: Vandalen, Burgunder, Sneven,
unter Radagais in Italien ein, erlagen ebenfalls bei Fäsulä (406), erkämpften
sich aber feste Sitze in Gallien und Spanien. Es entstand das üurgundische
Reich, die westliche Schweiz und das östliche Gallien umfassend; von Spanien
aus zogen 429 die Vandalen und Alanen unter Geiserich nach Afrika und
gründeten hier ein Reich mit der Hauptstadt Karthago; die in Spanien bleibenden
Sueven wurden später dem spanischen Westgothenreiche einverleibt. Dieses Reich
entstand dadurch, dass Alarich den ihm von Stilicho zugesicherten Tribut nicht
erhielt (Stilicho war von seinen Feinden ermordet worden) und aufs neue in
Italien eindrang; er erstürmte Rom und plünderte es 3 Tage lang (410); bald
darauf starb er. Sein Schwager Athaulf schloss mit Honorins einen Vertrag,
worin der Abzug der Gothen nach Gallien bedungen war. Mit der Hauptstadt
Toulouse entstand nun im Süden Galliens und im Norden Spaniens unter
Wallia das westgothische Reich (419), das mit der Zeit über ganz Spanien
sich erstreckte, während der gallische Teil später den Franken zufiel. Um die
Mitte des 5. Jahrh. unternahm Attila, der König der Hunnen, in dessen Reich
tierische Rohheit mit dem höchsten Glanz der griechisch-römischen Kultur sich ver-
einigte, einen schon durch die Masse der Krieger verhängnisvollen Eroberungszug
gegen das damals von Balentinian III. (425—455) beherrschte weströmische
Reich. Astius stellte sich ihm mit einem aus Römern und Germanen be-
stehenden Heer in der catalaunischen Ebene (Chalons an der Marne) ent-
gegen; 162,000 Leichen bedeckten das Schlachtfeld; Attila kehrte zurück (451),
um im nächsten Jahre den Angriff zu erneuern. (Gründung Venedigs). Schon
bedrohte er Rom, als ihn der Einfluss des römischen Bischofs Leo I. zur Ruck-