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im Frühling und herbst, sind geschlagen, und eine breite, kahle Straße
mit dünnen Bäumchen im Drahtkorb hat den poetischen Beiz dort für
immer vernichtet. Buch das alte Tor, dem der Efeu über die Schulter
sah, ist gefallen, das so breitspurig, wie ein fester treuer Wächter mit
dickem pelz den weg ins Städtchen beschützte. —
Gft fragst du dich: „warum, warum?" Doch du kannst nicht
befriedigende Bntwort geben. — Es muß nicht also sein! —
So, mein lieber Leser, geht es oder ging es fast überall in der
lieben Heimat zu! Die Schönheit und der traute Beiz der lieben alten
Dörfer und heimlichen Städtlein schwand dahin, und leer und nüchtern,
kalt und ärmlich wurde es! So konnte es nicht weitergehen, denn wenn
die Schönheit und Poesie der Heimat leichthin genommen und zerstört
wird, dann wird auch die Liebe zur Heimat leiden und damit ein Nieder¬
gang unseres herrlichen deutschen volkstumes und der inneren Braft
der Seele unseres Volkes verbunden sein. — Und Tausende scharten
sich zusammen im Lande, die Heimat zu schützen vor Verödung und
Verarmung an solchen tiefen, unersetzlichen Werten, die heimatliche
Natur zu bewahren in ihrer Ursprünglichkeit und Schönheit. Der
Bund für Heimatschutz und Naturschutz will die Bugen schärfen, das
Schöne zu sehen und vom häßlichen zu scheiden, das Echte und Ein¬
fache, das Schlichte und wahre erkennen und lieben lehren und den
falschen leeren Prunk und Tand, das unedle, gemeine protzentum hassen
und verachten lehren. Da kann ein jeder helfen, auch du, lieber Leser.
— Der Bauer, der das Haus seiner Väter treu erhält in alter Schön¬
heit, der auch die alte Linde am Hoftor stützt und pflegt, treibt Heimat¬
schutz und Naturschutz, ebenso wie der Jäger, welcher nicht den stolzen
Bdler aus der höhe herniederknallt, sondern ihn in wundervollen Breisen
seine Bahn zum Himmel weiter emporsteigen läßt, ebenso der Wanderer,
der nicht die Blumen rauft und achtlos bald fortwirft und zertritt.
Der Heimatschutz hütet einem jeden von uns ein Stück seines innersten
Eigentums. Die Saugfäden der Seele können das Schöne tausendfach
in der Heimat finden und fo dir unverlierbaren inneren Beichtum schaf¬
fen. Je reicher du innerlich bist an dem, was die Heimat dir bietet,
desto mehr und desto größer ist das, was der Heimatschutz dir hütet
und bewahrt.
Nicht mehr sollen die geschmacklosen, rohen Bauten voll Grna-
mentenwust oder mit nackten Ziegelmauern ein liebliches Dorfbild zer¬
stören. Läßt das schöne Blte sich nicht mehr erhalten, dann soll doch
das Neue der ganzen Natur, dem Dorfbilde oder der Landschaft, oder
in der Stadt dem Straßenbilde sich einfügen als ein Glied, das zum
Ganzen paßt, als wäre es mit ihm geworden und gewachsen, wie das
zu erreichen ist, wie da zu schaffen und zu arbeiten ist, dazu gibt der