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59. Törichtes Murren.
Es war einmal ein Graf, der wohnte in seinem Schlosse nahe bei
einem Dorfe. Er hatte ein sehr großes Landgut und hielt viele
Knechte und Mägde, die ihm sein Feld bestellten. Überdies arbeiteten
ihm auch viele Leute aus dem Dorfe um den täglichen Lohn. Unter
diesen Tagelöhnern befand sich auch ein Mann mit seiner Frau. Sie
hießen Hans und Grete und waren zwar nicht ärmer als die übrigen
Arbeiter, aber sie fühlten sich doch unglücklich, denn sie waren faul
und arbeiteten nicht gern. Darum fiel ihnen die Arbeit auch so schwer.
Eines Tages waren sie wieder nach dem Schlosse des Grafen
gekommen und wollten um den Lohn bei ihm arbeiten. Da schickte
sie der Verwalter in den Garten, und der Gärtner wies ihnen
ihre Arbeit an. Sie mußten die Wege des Gartens aufhacken und
das Gras herausschütten. Die Wege aber waren sehr fest getreten,
der Tag war schwül, und es war den beiden Leuten so heiß, daß ihnen
der Schweiß von der Stirne rann. Da richtete sich Hans mit einem—
mal von der Arbeit auf und sagte zu seiner Frau: „Wir sind doch
recht unglücklich, daß wir um die paar Groschen Tagelohn so hart
arbeiten müssen!“ — „Ja,“ sagte die Frau und warf ihre Hacke aus
den Händen, „es ist recht hart! Warum ist denn die Einrichtung so
in der Welt, daß man sein Brot im Schweiße seines Angesichts er—
werben muß?“ — „Ei, das kannst du in der Bibel lesen,“ erwiderte
Hans, „das schreibt sich von dem Paradiese her. Der liebe Gott hatte
den ersten Menschen, Adam und Eva, verboten, von den Äpfeln des
Baumes mitten im Garten zu essen, und sie haben sein Gebot nicht
geachtet und doch davon gegessen. Darum sind sie aus dem Paradiese
gejagt worden, und seitdem muß der Mensch sein Brot im Schweiße
seines Angesichts essen. Wäre das nicht geschehen, so säßen noch alle
Menschen ruhig im Paradiese und brauchten gar nicht zu arbeiten“ —
„Hm,“ brummte Grete, „das hätten sie können bleiben lassen. Die
Eva aber muß recht naschhaft gewesen sein. Muß man denn alles
versuchen?“ — „Ja,“ fiel ihr Hans in die Rede, „und der Adam
muß recht dumm gewesen sein, daß er sich von der Eva verleiten ließ,
auch in den Apfel zu beißen. Ich hätte der Adam sein sollen! Eine
tüchtige Ohrfeige hätte die Eva von mir bekommen, wenn sie mir mit
ihrem Apfel gekommen wäre. Ich bin nicht so dumm wie der Adam
und muß doch jetzt für seinen Fehler büßen.“ Er setzte unwillig seine
Arbeit fort. „Und ich bin nicht so neugierig und näschig, wie die
Eva war, und muß auch für sie büßen,“ setzte die Frau hinzu und
griff langsam nach ihrer Hacke. Also murrten die beiden einfältigen