1. Der trojanische Krieg. 3
Hektor das Herz; er wandte sich zur Flucht. Aber wie der schnelle Falke
der flüchtigen Taube nacheilt, so Achilles dem Hektor. Dreimal jagte
ihn Achill um die Stadt. Doch endlich ermannte sich Hektor und stellte
sich zum Kampfe. Gewaltig schleuderte Achill seine Lanze; sie traf nicht.
Hektors Lanze prallte am Schilde des Gegners ab. Beide griffen nun
zum Schwerte, und mit sicherm Stoß traf Achilles den Hektor in den
Hals, daß er zu Boden stürzte. Sterbend bat er den Sieger, seinen
Leichnam nicht zu schänden. Aber der unerbittliche Achilles durchbohrte
ihm die Knöchel der Füße, zog einen Riemen hindurch, band diesen an
seinen Wagen und schleifte die Leiche zum Entsetzen der von den Mauern
zusehenden Trojaner dreimal um die Stadt. Dann schleppte er sie hinter
sich her ins Lager der Griechen und ließ sie mit Blut und Staub bedeckt
auf freiem Felde liegen. In der Nacht erschien der greise Priamus im
Zelte des Achilles und bat um die Leiche seines Sohnes. Des unglück¬
lichen Vaters Thränen rührten das harte Herz Achills. Er ließ Hektors
Leiche reinigen unb gab sie dem Vater zurück.
Der Tod des Achilles. In den bald wieder beginnenden Kämpfen
erfüllte sich auch an Achilles das ihm bestimmte Verhängnis. Ein Pfeil
des feigen Paris traf ihn tödlich in die Ferse, die einzige verwundbare
Stelle seines Leibes. Sein Leichnam wurde in grimmigem Kampfe den
Trojanern entrissen und feierlich bestattet. Nicht lange darauf wurde
auch Paris, der Urheber des unheilvollen Krieges, auf rühmlose Weise
durch den Pfeil eines Griechen getötet.
Das hölzerne Pferd. Das zehnte Jahr neigte sich zu Ende, und
noch immer war Troja nicht erobert. Da sollte durch List erreicht
werden, was durch Gewalt unerreichbar war. Auf den Rat des schlauen
Odysseus erbauten die Griechen ein ungeheures hölzernes Pferd. Im
Bauche desselben verbargen sich 30 Helden, darunter Odysseus und
Menelans. Die übrigen Griechen verbrannten bas Lager, bestiegen die
Schiffe unb fuhren zum Scheine ber Heimat zu. Freubig eilten bie
Trojaner aus ber Stabt unb fanben auf ber verlassenen Lagerstätte bas
gewaltige Pferb. Niemanb konnte sich besten Bebeutung erklären. Da
brachte man einen gefangenen Griechen herbei. Nach langem erheuchelten
Wiberftreben gab biefer an, baß bas Pferb ein Weihegeschenk für bie
Göttin Athene fei. Die Griechen hätten es absichtlich so groß gemacht,
bamit bie Trojaner es nicht burch bie Thore ber Stabt bringen könnten.
Würbe bies bennoch geschehen, bann wäre Troja unüberwindlich. Ver¬
gebens nannte ber Priester Laokoon bie Aussage bes Griechen eitel
Lug unb Trug. Die Trojaner glaubten bem Griechen um so mehr,
als Laokoon balb darauf nebst feinen Söhnen von zwei aus bem Meere
gestiegenen Schlangen erwürgt wurde, was sie als ein Strafgericht der
Götter auffaßten. Sie brachen fofort einen Teil ber Stabtmauer ab,
brachten Räber unter dem Pferde an und zogen es an starken Tauen
in die Stadt. Dann überließen sie sich einer ausgelassenen Freude
über ihre Rettung und sanken zuletzt, trunken von Wonne und Wein, in
tiefen Schlaf.