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wo sie dessen Töchter aufforderte, ihren Vater zu tobten, um
ihm das kranke Blut abzuzapfen. Die Töchter befolgten den
treulosen Rath, aber Medea ließ bei dem Einfüllen des Bocks¬
blutes die Zauberkräuter weg, und Pelias war todt und blieb
todt. Um der Rache der Töchter des Pelias zu entgehen,
erhob sie sich auf geflügelten Schlangen durch die Lüfte und
kam nach Athen, wo damals König Aegeus herrschte. Jason
aber bestieg den Thron von Jolkos nicht, sondern überließ
die Herrschaft dem Sohne des Pelias.
III.
Theseus.
Aegeus, König von Athen, hatte keine Kinder. Einst
befragte er das Orakel in Delphi über seine Kinderlosigkeit
und erhielt einen sehr dunkeln Spruch zur Antwort. Um
ihn sich deuten zu lassen, kehrte er aus der Rückreise bei seinem
Gastfreunde Pittheus, König von Trözen, ein, der wegen seiner
Weisheit berühmt war. In Trözen sah er Aethra, die
Tochter des Pittheus, und heirathete sie. Vor seiner Abreise
verbarg er sein Schwert und seine Sandalen unter einem
schweren Steine und befahl der Aethra, wenn sie einen Sohn
gebühren würde, und dieser stark genug sei, den Stein abzu¬
wälzen, ihn mit den verborgenen Gegenständen nach Athen
zu schicken: daran wolle er seinen Sohn erkennen. Die Her¬
kunft des Knaben solle aber Aethra vor Allen geheim halten.
Aegeus kehrte nach Athen zurück, und Aethra gebar nach seiner
Abreise einen Sohn, der den Namen Theseus erhielt. Seine
wahre Abstammung blieb allen ein Geheimniß, und es ver¬
breitete sich das Gerücht, der Knabe sei ein Sohn des Poseidon.
Als Theseus zum Jüngling herangewachsen war und mit
bedeutender Körperkraft Verstand und Klugheit verband, führte
ihn seine Mutter zu dem Stein, unter dem seines Vaters
Schwert und Sandalen lagen. Hier offenbarte ihm Aethra
das Geheimniß seiner Abkunft, befahl ihm den Stein abzu¬
heben und mit den Zeichen, an denen ihn sein Vater erkennen
wollte, nach Athen zu segeln. Theseus hob den schweren Stein
mit Leichtigkeit weg und nahm die verborgenen Gegenstände;