fullscreen: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen

IV. Nahrung und Notdurft des Leibes und Lebens. 99 
Trinke nicht, mein liebes Kind, Säufer wirst du sonst geschwind. 
Hüte dich vor Teufels List, weil du bald gefangen bist.“ — 
Bei Fröhlichsein, hei Trinken und Essen 
sollst du des Lazarus nicht vergessen. 
Der „rote Hahn“ mal auf dem Dach ist nicht so schlimm als 
immer ein Faß Branntwein im Keller drin. 
Iß, was gar ist; trink, was klar ist; sprich, was wahr ist. — 
Wer trinkt ohne Durst und ißt ohne Hunger, stirbt desto junger. 
— Wie einer ißt, so arbeitet er auch. — Wer will mit essen, 
muß auch mit dreschen. — Man ißt, um zu leben, und lebt nicht, 
um zu essen. — Wer zur Hoffart borgt, trägt am Ende geflickle 
Schuhe. — Den Geizhals und ein fettes Schwein sieht man im 
Tod erst nützlich sein. — Geiz und Bettelsack sind bodenlos. 
88 (95). Das Habermas. 
Also das Habermus wär' fertig; kommt Kinder und esset! 
Betet: „Aller Augen" — und gebt mir ordentlich Achtung, 
daß nicht eines am rußigen Topf den Ärmel sich schwarz macht. 
Esset denn, gesegn' es euch Gott, und wachst und gedeihet! 
5 Sehet, die Haberkörnchen, die hat der Vater gesäet 
zwischen die Furchen mit fleißiger Hand und geegget im Frühjahr. 
Aber, daß es da wuchs und reif geworden, dafür kann 
euer Vater nicht; das tut der Vater im Himmel. 
Denkt euch nur, ihr Kinder, es schläft im mehligen Körnchen 
10 klein und zart ein Keimchen; nicht rührt, nicht regt es darin sich. 
Nein, es schläft und sagt kein Wort und ißt nicht und trinkt nicht, 
bis in den Furchen es liegt da draußen im lockeren Boden. 
Aber dort in den Furchen — es ist so feucht und so warm drin — 
wacht es heimlich aus aus seinem verschwiegenen Schlafe, 
. 15 streckt die Gliederchen aus und saugt am saftigen Körnchen, 
just wie ein Mutterkind; es fehlt nur, daß es nicht weinet. 
Mit der Zeit wird's größer und heimlich schöner und stärker, 
schlüpft aus seinen Windeln und streckt sein Würzelchen nieder 
tief hinab in den Grund und sucht und findet die Nahrung. 
20 Ja, und die Neugier sticht's gar gern und möcht' es erfahren, 
wie's denn da oben wohl weiter ist. Ganz heimlich und furchtsam 
guckt es zum Boden heraus, — der tausend! das will ihm gefallen! — 
Unser lieber Herrgott, der schickt ein Engelchen nieder: 
„Bring ihm ein Tröpfchen Tau und sag ihm freundlich: Willkommen!" 
25 Und es trinkt, und es schmeckt ihm so wohl, und es streckt sich behaglich. 
Derweil kämmt sich die Sonne, und, sauber gekämmt und gewaschen, 
kommt mit den: Strickzeug sie hervor aus den Bergen gegangen, 
wandelt ihren Weg hoch an der himmlischen Landstraß', 
strickt und sieht herab, gleichwie eine freundliche Mutter 
30 nach den Kindern sieht. Sie lacht dem Keimchen entgegen, 
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