Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen

130 V. Gesundheit und ihre Pflege, Krankheit und ihre Heilung. 
Grhörnng nieder, eh'die Nacht vergeht, 
und knüpfen frisch die abgefallne Welt 
mitLiebesfäden an das Sternenzelt. ■— 
0, Gatt und Herr, bit bist so gnaden¬ 
reich, 
an Macht nnd Liebe nur dir selber 
gleich. 
Gib einen Liebesblick lind Gnadeu- 
schelit 
auch ans dies Bett, anch in dies 
Kämmerlein! 
Gib eillen Balsamtropfen leis nnd lind 
auch auf die heiße Schläfe meinem 
Kind! 
Allmächtiger, es liegt in deinen 
Arnien; 
Barmherziger, du mußt dich ja er- 
barmell!" 
„Horch Mitternacht! — Mein Kindlein ist im Schreck erwacht! 
Das Glöcklein iuinunert grell vom Turm; im Holze pickt der Totenmnrnl. 
Mir ist's, als klopften Nachtgespenster mit leiser Hand ans Kammerfenster." 
„Ach Gott, mir graut in dieser Ein¬ 
samkeit; 
kein Mensch ist nah imb jede Hilfe weit. 
Die Mitternacht ist keines Menschen 
Freund; 
durchs Fenster lugt sie wie ein böser 
Feind; 
lvie Geistertritt ranscht's drallsten vor 
der Tür, 
lvie Geisterhauch weht's im Gemache 
hier. 
Mein Gott, wenn jetzt dein Todes¬ 
engel käm' 
und mir mein Kind ans meinen 
Armen nähin' 
nnd küßt' es tot mit seinem blassen 
Mund 
nnd legt's aufs Bett als Leiche mir 
zur Stund! — 
Mein Herzenskind, der §err bewahre 
dich! 
Meiil starker Gott, ans dich verlass' 
ich mich! 
Was ist der Mensch? — ein zitternd 
Espenlaub, 
ein leiser Hauch, so sinkt er in den 
Staub; 
stets schlvebt ob seinem Haupte die 
Gefahr 
lind streift mit schwarzell Fittichen 
sein Haar. 
Allinächtiger, in deiner Hut allein 
kanll ich nnd kann mein Kind be¬ 
wahret sein. 
Sei du lins Schirm, sei du uns 
Schloß und Riegel; 
dein Küchlein birg int Schatten 
deiner Flügel." 
Die Glock' schlägt eins; — das Nachtlicht brennt getrübten Scheins; 
die Augen fallen schläfrig zu; — das müde Haupt verlangt nach Ruh'. 
„Komm, schwaches Herz, — dich aufzuraffen, ergreife des Gebetes Waffen!" 
HerrJesn Christ, erhalte du mich wach ; 
der Geist ist willig, doch das Fleisch 
ist schwach; 
du guter Hirte hast so manche Nacht 
für uns hienieden treulich durchgewacht; 
auf Bergeshöhen lagst du int Gebet, 
dielveil der Nachtwind leise dich nm- 
lveht; 
in dnilkler Stunde zu Gethsemane 
trugst du für uns des bitternTodesWeh; 
pn Menschenhüter schläfst und schlum¬ 
merst llicht, 
wachst über uns anch jetzt int Himmels¬ 
licht. 
O, gib von dort mir deinen Geist 
der Kraft, 
der in mir Wollen und Vollbringen 
schafft; 
o, träufle du ein frisches Glaubensöl 
ins trockne Lämpchen meiner matten 
Seel'; 
o, schüre du aufs neu'der Liebe Glut, 
die fröhlich brennt nnd nimmer klagt 
noch ruht;
	        
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