I. Der Bauernstand sonst und jetzt.
Nutt wäre ein anderer Bauer wohl „schiech" worden, wie's bei
ben Tirolern üblich sein soll, und hätte sich, eines guten Anfangs
halber, in die Hände gespuckt.
Das tat aber der Bauer, von welchem ich erzähle, nicht, sondern
er hob sich duldsam und friedfertig vom Sitze, nahm sein Filzhütlein
mit dem grünen Bande vom Tische, schwenkte es ein wenig und sagte
ganz artig:
„Danke schöit für die Aufklärung; sollt' aber mein Adjutant
kommen und nach mir fragen, so seid so gilt und sagt ihm, sein Herr,
der Erzherzog Johattn, sei beim Bartputzer auf der andern Seite
drüben!"
Jetzt konnte der vornehme „Friseur" ein langes Gesicht machen.
I. Wichner.
6. Der Landwirt.
Glücklich ist der Fuß, welcher über weite Flächen des eigenen
Grundes schreitet; glücklich das Haupt, welches die Kraft der grünenden
Natur einent verständigen Willen zu unterwerfen weiß! Alles, was
den Menscheit stark, gesund und gut macht, das ist dem Landwirt zu-
teil geworden. Seilt Leben ist ein unaufhörlicher Kampf, ein endloser
Sieg. Ihm stählt die reine Gottesluft die Muskeln des Leibes; ihm
zwingt die uralte Ordnung der Natur auch die Gedaltken zu geordnetem
Lauf. Er ist der Priester, welcher Beständigkeit, Zucht und Sitte,
die ersten Tugeilden eines Volkes, zu hüteli hat. Wenn andere Arten
nützlicher Tätigkeit veralteit, die seine ist so ewig wie das Leben der
Erde; wenn aitdere Arbeit beit Menschen in enge Mauern einschließt,
in die Tiefe der Erde oder zwischen die Holzplanken des Schiffes,
sein Blick hat nur zwei Grenzen: oben ben blauen Himmel und unten
den festen Grund. Ihm wird die höchste Freude des Schaffens; denli
ivas sein Befehl von der Natur fordert, Pflanze und Tier, das wächst
unter seiner Hand zu eigenem, frohen Leben auf. Auch dem Städter
ist die grüne Saat und die goldige Halmfrucht des Feldes, das Riltd
auf der Weide uitd das galoppierende Füllen, Waldesgrün undWiesen-
dnft eine Erquickung des Herzens; aber kräftiger, stolzer, edler ist das
Behagen des Mannes, der mit dem Bewußtsein über seine Flur
schreitet: dies ist alles mein; meine Kraft erschuf es, und mir ge¬
reicht es zum Segen. Denll nicht in mühelosem Genuß betrachtet
er die Bilder, welche ihm die Natur entgegenhält. An ieden Blick
knüpft sich ein Wunsch, cm jeden Eindruck ein Vorsatz, jedes Ding
hat für ihn einen Zweck; denn alles, das fruchtbare Feld, das Tier
und der Mensch, soll Neues schaffen nach seinem Willen, dem Wille::
des Gebieters. Die tägliche Arbeit ist sein Genuß, und in diesem
Genusse wächst seine Kraft. — So lebt der Mann, welcher selbst
der arbeitsame Wirt seines Gutes ist.
Und dreimal glücklich der Herr eines Grundes, ans dem durch
mehrere Menschenalter ein starker Kampf gegen die rohen Launen der
Natur geführt ist. Die Pflugschar greift tief in den gereinigten
Boden; anspruchsvolle Kulturpflanzen breiten ihre Blätter in üppiger