Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen

28 I. AuswärtigePolitik Deutschlands im Zeitalter Bismarcks 
organische Verträge erforderlich ist. Die bei Gestaltung 
derselben mitwirkenden Faktoren sind ebenso mannig¬ 
faltig wie die Völkermischung; und zn der ätzenden 
und gelegentlich sprengenden Wirkung dieser kommt der 
unberechenbare Einslust, den je nach dem Steigen oder 
Fallen der römischen Flut das konfessionelle Element 
auf die leitenden Persönlichkeiten auszuüben vermag. 
Nicht blost der Panslawismus und Bulgarien oder 
Bosnien, sondern auch die serbische, die rumänische, die 
polnische, die tschechische Frage, ja selbst noch heute die 
italienische im Trentino, in Triest und an der dalmati¬ 
schen Küste, können zu Kristallisationspunkten für nicht 
blost österreichische, sondern auch europäische Krisen 
werden, von denen die deutschen Interessen nur inso¬ 
weit nachweislich berührt werden, als das Deutsche 
Reich mit Österreich in ein solidarisches Haftverhältnis 
tritt. In Böhmen ist die Spaltung zwischen Deutschen 
und Tschechen stellenweis schon so weit in die Armee 
eingedrungen, das; die Offiziere beider Nationalitäten 
in einigen Regimentern nicht miteinander verkehren 
und getrennt essen. Für Deutschland unmittelbar exi¬ 
stiert die Gefahr, in schwere und gefährliche Kämpfe 
verwickelt zu werden, mehr ans seiner Westseite infolge 
der angriffslustigen, ans Eroberung gerichteten Neigungen 
des französischen Volks, die von den Monarchen seit 
den Zeiten Kaiser Karls V. im Interesse ihrer Herrsch¬ 
sucht im Innern sowohl wie nach austen grohgezogen 
worden sind. 
Der Beistand Österreichs ist für uns gegen Ruh- 
land leichter zn haben als gegen Frankreich, nachdem 
die Friktionen dieser beiden Mächte in dem von ihnen 
umworbenen Italien in der alten Form nicht mehr
	        
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