VITT. Der Garten und seine Pflanzen, der Weinberg und seine Neben. 199
VIII. Der Garten und seine Pflanzen,
der Weinberg und seine Reben.
U> (157).
Und braut der Winter noch so sehr
mit trotzigen Gebärden,
und streut er Eis und Schnee umher,
es muß doch Frühling werden.
Und drängen die Nebel noch
so dicht
sich vor den Blick der Sonne,
sie wecket doch mit ihrem Licht
einmal die Welt zur Wonne.
Blast nur, ihr Stürme, bläst mit
Macht,
mir soll darob nicht bangen.
Ans leisen Sohlen über Nacht
kommt doch der Lenz gegangen.
Hoffnung.
Da wacht die Erde grünend auf,
weiß nicht, wie ihr geschehen,
und lacht in den sonnigen Himmel
hinauf
und möchte vor Lust vergehen.
Sie flicht sich blühende Kränze
ins Haar
und schmückt sich mit Rosen und Ähren
und läßt die Brünnlein rieseln klar,
als wären es Frendenzähren.
Drum still! Und wie es frieren mag,
o Herz, gib dich zufrieden, —
es ist eilt großer Maientag
der ganzen Welt beschieden!
Und wenn dir oft auch bangt und graut,
als sei die Hält' auf Erden,
nur unverzagt auf Gott vertraut!
Es muß doch Frühling werden! E. Geibel.
146 (158). Hrühliugsglaube.
Die linden Lüfte sind erwacht,
sie säuseln und weben Tag nud
Nacht,
sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang;
nun muß sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem
Tag,
man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.
Uhland.
147 (159). Aus der Jugendzeit.
Aus der Jugendzeit, aus der Jugend¬
klingt ein Lied mir immerdar, szeit
O wie liegt so weit, o wie liegt so weit,
was mein einst war!
Was die Schwalbe sang,
die den Herbst und Frühling bringt,
ob das Dorf entlang
das jetzt noch klingt?