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II. Bilder aus der Natur
Dreimal im Jahre, im späteren Alter nur einmal, wirft unser Ritter
sein Panzerkleid ab, und gleichzeitig wechselt er dann auch den inneren Über¬
zug seines Magens. Kein Wunder, daß ihm zu dieser Zeit nicht sehr behaglich
zu Mute ist! Ist aber die große Wandlung vorüber, — sie dauert höchstens
drei bis vier Tage — so stellt sich auch seine gesegnete Freßlust wieder ein.
Am schmackhaftesten sind die Krebse einer bewährten Küchenregel zu¬
folge in den Monaten, die kein R haben, also im Mai, Juni, Juli und
August. Man fängt die Krebse auf mancherlei Weise; der beste Köder aber,
um sie herbeizulocken, sind getötete oder abgehäutete Frösche. Grausam ist
es, die Krebse mit kaltem Wasser aufs Feuer zu setzen; und die Meinung,
daß sie auf diese Weise schmackhafter würden, beruht auf einem Vorurteile.
116. (75.) Somnierlied.
1. Wenn der Frühling vorbei, kommt der Sommer heran;
war der Frühling ein Kind, ist der Sommer ein Mann.
2. Hat der Frühling sich Blumen ums Hütlein gethan,
steckt der Sommer sich Kirschen und Erdbeeren dran.
3. Und weinte der Frühling, da gab’s einen Regen;
und brummt der Herr Sommer, da giebt’s einen Segen.
4. Der fährt gleich mit Donner und Wetter darein, —
und’s kann auch nicht alle Tag’ Sonnenschein sein.
5. Doch wenn er auch brummet, dass ringsum es kracht,
nachher um so lust’ger er schmunzelt und lacht. ßeinick.
117. (76.) Hanf und Flachs.
Der Hanf und der Flachs verdanken ihre Verbreitung weder ihrer
Blüte noch ihren Früchten sondern ihrem Stengel. Dieser enthält nämlich
zähe Fasern, die, nachdem sie von den spröden, holzigen Schalen befreit sind,
biegsame Fäden geben, die sich spinnen lassen. Welch unendlichen Nutzen
diese gewähren, kann sich jeder selbst aufzählen, wenn er an die Waren des
Seilers, an die Fäden von dem Pechdrahte des Schusters bis zu dem Zwirn
der Näherin, an die Leinewand von dem groben Packtuche bis zu dem feinsten
Batist denkt. Und wie viele Personen finden Arbeit und Verdienst bei
der Behandlung dieser beiden Gewächse! Der Bauer, welcher pflügt und
sät, — die Weiber, die im Herbste den Flachs brechen, schwingen und hecheln,
die Winterabende durch Spinnen und Haspeln kürzen, im Sommer die ge¬
fertigte Leinewand bleichen, — die Weber, welche spulen, zetteln und weben:
sie alle haben ihren Vorteil von dem Anbau dieser Pflanzen, den Seiler
gar nicht gerechnet.
Dazu kommt, daß Hanf und Flachs öligen Samen bringen, der sich
mannigfach benutzen läßt: der Hanf mehr als Futter für im Käfig gehaltene