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I. Fabeln, Märchen und belehrende
Wanderer, den sie eben vor sich sahen, am ersten nötigen würde, seinen
Mantel abzulegen.
Sogleich begann der Wind zu stürmen; Regen und Hagelschauer unter¬
stützten ihn. Der arme Wanderer jammerte und zagte, aber immer fester
und fester wickelte er sich in seinen Mantel ein und setzte seinen Weg fort,
so gut er konnte.
Jetzt kam die Reihe an die Sonne. Mit milder und sanfter Glut
ließ sie ihre Strahlen herabfallen. Himmel und Erde wurden heiter; die
Lüfte erwärmten sich. Der Wanderer vermochte den Mantel nicht länger
auf seinen Schultern zu dulden. Er warf ihn ab und erquickte sich im
Schatten eines Baumes, indes die Sonne sich ihres Sieges freute.
Camerarius,
15. Sprichwörter und Denkverse.
1. Wie man in den Wald hineinruft, so ruft es wieder heraus.
2. Mit dem Hute in der Hand kommt man durch das ganze Land.
3. Gutes Wort findet guten Ort.
4. Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil.
16. (24.) Der Wolf und der Mensch.
Der Fuchs erzählte einmal dem Wolfe von der Stärke des Menschen.
Kein Tier, sagte er, könne ihm widerstehen; und sie müssten List ge¬
brauchen, um sich vor ihm zu retten. Da antwortete der Wolf: „Wenn
ich nur einmal einen zu sehen bekäme, ich wollte doch wohl auf ihn
losgehen.“ — „Dazu kann ich dir verhelfen,“ sprach der Fuchs, „komm
nur morgen früh zu mir, so will ich dir einen zeigen.“ Der Wolf
stellte sich frühzeitig ein, und der Fuchs brachte ihn hinaus auf den
Weg, den der Jäger alle Tage ging. Zuerst kam ein alter, abgedankter
Soldat. „Ist das ein Mensch?“ fragte der Wolf. „Nein,“ antwortete
der Fuchs, „das ist einer gewesen.“ Darnach kam ein kleiner Knabe,
der zur Schule wollte. „Ist das ein Mensch?“ — „Nein, das will erst
einer werden.“ Endlich kam der Jäger, die Doppelflinte auf dem Rücken
und den Hirschfänger an der Seite. Da sprach der Fuchs zum Wolfe:
„Siehst du, dort kommt ein Mensch; auf den musst du losgehen. Ich
aber will mich fort in meine Höhle machen.“
Der Wolf ging nun auf den Menschen los. Der Jäger, als er ihn
erblickte, sprach: „Es ist schade, dass ich keine Kugel geladen habe,“
legte an und schoss dem Wolfe das Schrot ins Gesicht. Der Wolf ver¬
zog das Gesicht gewaltig; doch liess er sich nicht schrecken und ging
vorwärts. Da gab ihm der Jäger die zweite Ladung. Der Wolf verbiss