Erzählungen und Gedichte.
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Weges gehen, den er gekommen sei, und Eulenspiegel brach ein zweites
Fenster in Stücke, um des Weges zu gehen, auf dem er gekommen mar.
2. Ein anderer Meister nahm ihn mit den Worten in Dienst, bei ihm habe
er nur die halbe Arbeit zu thun. Das nahm der Schalk abermals wörtlich
und that jegliche Sache nur halb. Wenn er nach der Stadt gehen sollte,
kehrte er unverrichteter Sache auf der Hälfte des Weges um; und wenn er
die Pferde vor den Wagen spannen sollte, spannte er nur ein Pferd vor;
und wenn er ein Fuder Holz holen sollte, kam er mit halber Ladung zurück:
denn es sei ihm ja geheißen, daß er immer nur die halbe Arbeit thun solle.
Das wurde seinem Herrn am Ende doch verdrießlich, und er hieß ihn das
Haus räumen. Das that der Schalk denn auch im eigentlichen Sinne und
warf in Abwesenheit seines Herrn Stühle und Tische, Bänke und alles Haus¬
gerät zum Hause hinaus.
3. Einem Roßtäuscher kaufte er eines Tages ein Pferd für vierundzwanzig
Gulden ab und verabredete, er wolle ihm die Hälfte sogleich bar zahlen,
die andern zwölf Gulden aber wolle er schuldig bleiben. Als nach längerer
Zeit der Roßtäuscher an die rückständigen zwölf Gulden erinnerte und zuletzt
ernstlich auf die Bezahlung drang, da meinte Eulenspiegel, das sei ganz
gegen die Abrede; denn sie wären ja einig geworden, daß er die zwölf Gulden
schuldig bleiben wolle.
4. In einer Herberge zu Köln am Rhein mußte er eines Tages lange
auf das Essen warten, und als er seine Ungeduld darüber laut werden ließ,
sagte die Wirtin: „Wer nicht warten kann, bis das Essen fertig ist, der
mag essen, was er hat." Gut! sagte Eulenspiegel bei sich selbst, setzte sich
an den Tisch und verzehrte mit Behagen einen Salzkuchen, den er zu¬
fällig bei sich hatte. Als nun bald darauf ein großer Braten aufgetragen
wurde, rührte Eulenspiegel ihn nicht an sondern meinte, er sei von dem
Gerüche schon gesättigt. Nach Tische forderte der Wirt von jeglichem Gaste
drei Weißpfennige für die Zehrung. Till Eulenspiegel aber sagte: „Wie
soll ich zahlen, so ich doch nichts gegessen oder getrunken habe?" Der Wirt
sagte dagegen: „Du hast mit bei Tische gesessen und hättest essen mögen,
soviel du gewollt; bist du aber von dem bloßen Geruch schon satt geworden,
so ist es mein Vorteil und der deinige auch: du hast dir den Magen gewiß
nicht überladen." Da nahm Eulenspiegel drei Weißpfennige aus der Tasche,
warf sie auf das Zahlbrett und fragte den Wirt, ob sie nicht einen guten
Klang hätten. „Ja wohl!" sagte der Wirt und wollte sie einstreichen; aber
Eulenspiegel kam ihm zuvor und sagte: „Ich habe den Geruch von deinem
Braten gehabt, nimm du dafür den Klang von meinem Gelde!" Die
übrigen Gäste lachten; der Wirt mußte den schlauen Gast ohne Zahlung
davonziehen lassen, und mancher fragte ihn hohnneckend, wozu er den Klang
von Eulenspiegels Geld doch anwenden wolle.