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I. Fabeln, Märchen und belehrende
2. (10.) schau', luem!
Ein Fuchs verkündete den Hühnern und Hähnen, die auf einem Baume
saßen, einen ewigen Frieden, der da wäre angestellt mit allen Tieren, also
daß fürderhin Wolf und Schaf, Fuchs und Hühner ewige Freundschaft und
Bündnis mit einander haben sollten. Damit hätte er gern die Hennen vom
Baume geschwätzt. Aber der alte Hahn sagte: „Das hör' ich gern!" und
reckte dabei den Kopf auf. Der Fuchs fragte: „Was siehst du?" Der Hahn
antwortete: „Ich sehe einen Jäger mit Hunden von ferne." Der Fuchs
sprach: „Da bleib' ich nicht." Antwortete der Hahn: „Harre, so wollen
wir auch mit dir hinab, wenn wir sehen, daß die Hunde mit dir Frieden
haben." Der Fuchs sagte: „Ei, er möchte ihnen noch nicht verkündigt sein;
ich fahre dahin!" Seb. Frank.
3. (3.) Die Rätsel der Elfen.
Die Elfen sitzen im Felsenschacht,
vertreiben mit Reden die lange Nacht.
Sie legen sich luftige Rätsel vor,
die, wenn sie nicht Gold sind, doch klingen im Ohr.
Und wie ein Windzug dazwischen geht,
so sind samt den Elfen die Rätsel verweht. —
1. Welch Gold entstammt dem Erdschacht nicht?
Ich hörte von goldenem Sonnenlicht.
2. Wer borgt sein Silber von fremdem Gold?
Der Mond, der ob unseren Häuptern rollt.
3. Wo quillt die Thrän' aus härtester Brust?
Der Quell im Fels ist mir wohl bewußt.
4. Wo strömt ein Strom, da kein Strombett ist?
Der Regenstrom, der in Lüften fließt.
5. Wo ist aus dem Fluß die breiteste Brücke?
Das Eis ist gebaut aus einem Stücke.
6. Die Flut, die im stetesten Takt sich bewegt?
Das Blut, das im Herzen des Menschen schlägt.
7. Wer trauert in seinem buntesten Kleid?
Das ist der Baum zu des Herbstes Zeit.
8. Wer hat tausend Augen und sieht sich nicht?
Der Strauch, der sie treibet und weiß es nicht.
9. Wer sah nie von innen sein eigenes Haus?
Die Schnecke, und kommt doch niemals heraus.
10. Wo hat man den Kleinsten zum König gemacht?
Der Zaunkönig wird ausgelacht.