Full text: [Obere Lehrstufe] (Obere Lehrstufe)

Geschichtlicher Überblick der deutschen Versknnft. 
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bringet; c. durch die Unmöglichkeit, zusammengesetzte Wörter mit der Quantität in 
einem jambischen oder trochäischen Vers anzubringen. Daher z. B. Blendwerke, Schrift¬ 
zeichen, Buchstaben, Blutschande, Ansprüche, Nothwendigkeit u.a. mit dem Hauptton auf der 
zweiten Sylbe. — Bei zusammengesetzten Partikeln hat der zweite Theil in der Regel den 
Ton, z. B. woher, vielleicht, ob schon, damit, überall, desgleichen, 
bergan, jahraus, zuerst u. a. — Bei drei- und mehrgliederigen Zusammensetzungen 
ist eigentlich eine mehrfache Zusammensetzung eingetreten, der Accent ist also ein mehrfacher 
und erklärt sich aus dem bereits Bemerkten, z. B. G 6 l d - b 6 r g - w e r k, f n n k e l - n ä g e i - 
neu, Heidel-beer-stände, Holz-apfel-baum, Land-brünnen -meist er, 
Hand-werks-manu, Lsels-klnn-backen, ^ngst-ge-schrei, Gewlnn-sücht, Lebens-be-schreibung, 
Bündes-tags-sitzung, V6r-be-richt, ver-an-stalten. 
Anm. Viele von den hier genannten Wörtern sind lang, weil sie noch fortdauernde oder veraltete 
Substantive oder Adjektive sind. 
§. 18. Für den Vers sind nhd. kurz: I) Die Flepions- und meisten Ableitungs¬ 
sylben; Bücher, Engel; 2) die einsylbigen Formen des Artikels; 3) mehrere untrenn¬ 
bare Vorsylben: be, er, ge, v er, zer, emp; belagern, erhalten, gelingen, ver¬ 
langen, zerrinnen, empfangen; 4) so im Nachsatz und zu vor dem Infinitiv. 
19. Viele Sylben, die man mittelzeitige nennt, sind, je nachdem der Ton auf 
sie fällt oder nicht, einige auch, je nachdem ihnen eine lange oder kurze Sylbe vorangeht, 
lang oder kurz. Dahin gehören: 1) die einsylbigen Formen des unbestimmten Artikels 
und der persönlichen Fürwörter; 2) die meisten einsylbigen Präpositionen; 3) mehrere ein- 
sylbige Partikeln: und, bis, nun, ob, da, wie, wo, auch, daß; 4) mehrere s. g. 
Vor- und Nachsylben: ent, um, miß; ung, niß, ig, lief), icht, isch. 
Anm. Ein jedes einsylbige Wort kann vor einer unmittelbar folgenden betonten Sylbe (besonders 
eines mehrsylbigen Wortes) unbetont, ein an sich unbetontes (Artikel, Präposition) vor einer un¬ 
mittelbar folgenden unbetonten Sylbe (besonders eines mehrsylbigen Wortes) betont werden. 
Doch hüte man sich, dort den Ton ganz fallen zu lassen, hier ihn allzusehr hervorzuheben. In : 
„116 immer Treu und Redlichkeit" darf üb nicht ganz unbetont, in: „Ernst ist der Anblick der 
Nothwendigkeit" darf Ernst nicht ganz unbetont, der vor Nothwendigkeit nicht ganz betont aus¬ 
gesprochen werden, wie man freilich oft genug hört. 
Versfüße. 
8'„20. Die allmählich eingetretenen, jetzt im Deutschen (in Originalgedichten, manche 
nur in Übersetzungen) gebräuchlichen Versfüße sind: 
1) fallende: 
a) Trochäus: ^ Sonne, Vater, tadeln, herrlich; 
b) Daktylus: sonnige, freudiger, väterlich, tadelte; 
e) der erste Päon: sonnigere, schrecklichere, freudigere; 
2) steigende: 
a) Jambus: ^ Gestalt, gethan, Verlust, herbei; 
b) Anapäst: die Gewalt, Labyrinth, und er eilt; 
e) der vierte Päon: das Labyrinth, und er enteilt'); 
3) fallend-steigende: 
a) Kretikus: Mecresslut, wandelbar, voll Geduld; 
b) Choriambus: z^z Blumengestad, väterlich mild; 
e) der zweite Epitrit: _„z_ Meereseiland, fort gewaltsam; 
1) In den lateinischen, aber nach Schreibung und Aussprache französisch gefärbten Wörtern Re¬ 
gulativ , Lokomotiv, Nominativ, Religion, Resolution, Adspiration u. a. ist die 
letzte Sylbe gedehnt, die andern sind kurz, auch die erste, nur wird diese geschärft ausgesprochen, kann 
darum im Vers als Länge gelten, wie z. B. Religion, Gällomame bei Schiller. Darnach muß man 
auch betonen AkkÜscittv, nicht Akkusativ (gleichsam A kn ff at i v), wie man zuweilen hört.
	        
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