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II. Parabel und Paramythie.
2. Die blauen Augen blickten
Mich an so fromm und mild,
Und goldne Locken schmückten
Das liebe klare Bild.
3. Es saß so lieb und sinnig
Auf grüner Frühlingsau'
Und lächelte so innig
Hinauf ins Himmelsblau.
4. Ich sah es wohl im Garten,
Wenn hell der Lenz erschien,
Die Maienblumen warten
Und selbst wie Blümlein blühn.
5. Es ging so gern alleine
Im frühen Morgenrot;
Wo ist das Kindlein reine?
Sagt, Blumen, ist es tot?" —
6. „„Wie man so pflegt zu sagen,
Du fremder Wandersmann;
Doch laß dein ängstlich Fragen
Und sieh uns Rosen an.
7. Wir weißen Rosen scheinen
Von einem Hügel klein;
Da legten sie mit Weinen
Ein Mägdlein jüngst hinein.
8. Das schlief auf Maienglocken
So still, unschuldig, fein;
Das schmückten goldne Locken
Fast wie ein Engelein.
9. Wir weißen Rosen blühen
Gern über seiner Brust;
Doch, was wir aus ihm blühen,
Das ist uns unbewußt.
10. Hast du nach ihm Verlangen,
So sieh zum Himmel auf;
Es ist nur heimgegangen;
Willst du nicht auch hinauf?
11. Wir Rosen müssen stehen
Hier als des Todes Zier,
Und wenn wir welk vergehen,
Mein Freund, dann sprechen wir:
12. Staub wird dies Lustgewimmel,
Der Blumen Glanz und Glut.
Der Vater in dem Himmel
Allein ist schön und gut.""
L. Hensel.
141. Klora und die Blumen.
1. „Kinderchen des holden süßen Frühlings,
Hört, o hört der Mutter treue Warnung:
Wenn ein lauer Winterwest euch heuchelt,
Trauet nicht dem heuchelnd bösen Mörder.
2. „Wartet, bis der goldne Vater rufet,
Bis die treue Mutter euch erscheinet,
Die euch weckt aus euren Winterbetten
Und euch Kleider bringt und schöne
Häubchen!"
3. Also sprach zu ihren Blumenkindern
Flora scheidend und ging auf zum
Himmel.
Alle Blumen sagten ihr Gehorsam
Und Geduld zu, bis sie wiederkäme.
4. Als sie kam: der goldne Vater Früh¬
ling
Rief die Kinder aus dem Winterschlafe,
Und die Mutter brachte schöne Kleider,
Lief umher und sucht' und zählet' alle.
5. Ach, da fand sie manche schöne Knospe
Früh hervorgelockt vom bösen Mörder.
Ausgetreten war sie aus der Zelle,
Hatt' hervorgeblickt mit ihren Äuglein;
6. Und war bald erstarret, von des bösen
Heuchelnden Verführers Hauch vergiftet:
Denn der Winterwest war Frost ge¬
worden,
Und erstarret stand dasarmeBlümchen.
7. Traurig rief die Mutter ihrem Zephyr,
Der es brach, und sie begrub es traurig.
Seht! die ungeduldig frühe Blume
Prangt nun nimmer mehr im Lenz der
Flora.
I. G. v- Herder.