dramatische Poesie eine größere Anzahl von Werken geschaffen
hatte, wurden auf den Schaubühnen der Demen meist nur
solche Stücke zur Aufführung gebracht, die vorher schon in der
Stadt aufgeführt waren, weil theils dann die Kosten der Auf¬
führung geringer wurden, theils auch die Dichter selbst ihre
Werke lieber zuerst auf der größeren Bühne zur Darstellung
gebracht sehen wollten.
Das auf die ländlichen Dionysien folgende Fest sind die
Lenäen, die in der Stadt gefeiert wurden. Der Name bezeichnet
ein Kelterfest. Es fiel in den Monat, den die Athener in der
geschichtlichen Zeit Gamelion nannten, der aber früher auch
Lenaion geheißen hatte und in manchen von Athen colonisirten
ionischen Städten fortwährend so hieß. Er begann um die Zeit
der Wintersonnenwende. Die späte Zeit des Kelterfestes erklärt
sich daraus, daß die städtische Feier ein Gesammtfest für das
ganze Land sein sollte und deßwegen nicht früher angesetzt
wurde, als bis alle ländlichen Demen ihre Dionysien gefeiert
hatten. Das Local der Feier war das sogenannte Lenaion, ein
Heiligthum des Dionysos von bedeutendem Umfange im Süden
der Akropolis mit zwei Tempeln des Gottes, in deren einem er
als der Eleutherische verehrt wurde, in Erinnerung daran, daß
sein Cultus von Böotien aus über Eleutherä, einer einst zu
Böotien gehörigen aber schon früh attisch gewordenen Stadt, nach
Athen gekommen sei, nachdem er auf dem Lande in Jkaria und
anderswo schon früher aufgenommen worden war. Wahrschein¬
lich wurde dem Dionysos sein Tempel zuerst nicht innerhalb der
Stadt selbst sondern in der Nähe derselben, bei der Akademie,
errichtet, und sein Cult, als eines Bauerngottes, von den städti¬
schen Eupatriden gering geachtet, bis, wie die Sage will, eine
Krankheit, die der verschmähte Gott ihnen zur Strafe schickte,
sie bewog das Orakel zu befragen und dieses ihnen den Gott
bei sich aufzunehmen befahl. Sein Fest im Gamelion wurde
nun in ähnlicher Weise begangen, wie die ländlichen Dionysien,
nur stattlicher und feiner, und wenn bei diesen leichte und muth-
willige Lieder einen Hauptbestandtheil der Feier bildeten, so
herrschte bei dem städtischen Feste der ernste und feierliche Di¬
thyrambos vor, welchen kyklische Chöre, aus fünfzig Personen
bestehend, vortrugen, indem sie sich zugleich in rhythmischem
Tanzschritt um den Altar bewegten. Seitdem man angefangen,
die Chorgesänge mit dramatischen Actionen zu verbinden, war